Loveparade: Versicherungsschutz absolut unzureichend

Die Hinterbliebenen und Opfer der Duisburger Loveparade müssen damit rechnen, gar keinen oder nur sehr geringen Schadenersatz zu erhalten. Grund ist ein nach Einschätzung von Experten vollkommen unzureichender Haftpflichtversicherungsschutz des Veranstalters, der Berliner Lopavent GmbH. "Für die Loveparade besteht für alle Personenschäden ein Versicherungsschutz bis zu 7,5 Millionen Euro", erklärte auf Anfrage ein Sprecher des Kölner Axa-Konzerns. Bei der Technoparty mit Millionenpublikum fanden in einer Massenpanik 20 Menschen den Tod und über 340 wurden teilweise schwer verletzt.

Die Axa ist laut dem Versicherungsmakler Schwandt aus Berlin einziger Versicherer des Veranstalters. "Der Abschluss einer solch geringen Versicherungssumme für eine Mega-Party ist eine grobe Fahrlässigkeit des Veranstalters", kritisierte Prof. Hans-Peter Schwintowski, Experte für Versicherungsrecht von der Humboldt-Universität in Berlin. Bestätigt wird diese Einschätzung von der Versicherungsbranche selbst. "Wir schließen in der Regel schon für Trachtenumzüge einen Veranstalterhaftpflichtschutz von bis zu fünf Millionen Euro ab. Für Großveranstaltungen sollte ein Vielfaches dieser Summe zu Verfügung stehen", sagt die Sprecherin eines großen Versicherers, der aber nicht genannt werden möchte.

Ist die Versicherungssumme nicht ausreichend, muss der Veranstalter privat haften
Ähnlich äußert sich der internationale Versicherungsmakler Aon Deutschland: "Für Großveranstaltungen werden teilweise sogar dreistellige Millionensummen bereitgestellt", so Pressesprecher Volker Bitzer. Gleichzeitig müsse aber das Risikokonzept stimmen. Reicht die Versicherungssumme nicht aus, alle Schäden zu bezahlen, dann muss der Veranstalter privat haften. Möglicherweise könnte aber gleichzeitig die Stadt Duisburg zur Haftung verpflichtet sein. "Das ist dann der Fall, wenn die Stadt schuldhaft Amtspflichten verletzt hat", sagt Michael Bücken von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) aus Köln. So müsste der Stadt nachgewiesen werden, dass sie bei der Genehmigung und Aufsicht der Mega-Veranstaltung Fehler gemacht habe. Bücken: "Das gilt beispielsweise dann, wenn nachweislich Sicherheitswarnungen von Experten ignoriert wurden."

Duisburg mit unbegrenzter Summe versichert
Die Stadt Duisburg ist beim kommunalen Schadenausgleich in Bochum haftpflichtversichert. "Die Versicherungssumme ist unbegrenzt", erläutert Stadtsprecherin Anja Huntgeburth auf Anfrage. Nach Meinung von Jurist Bücken liegt die Hürde für einen Nachweis einer Amtspflichtverletzung jedoch deutlich höher als für einen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten, die den Veranstalter treffen. Der müsse dafür sorgen, dass die Wege von und zur Veranstaltung selbst dann sicher sind, wenn mehr Besucher als angekündigt anreisen würden. Sogar der Berliner Versicherungsmakler Schwandt könnte unter Umständen zur Haftung herangezogen werden. Aon-Sprecher Bitzer: "Versicherungsmakler sollten für ihre Kunden Risikoberater sein." Nach neuem EU-Recht müssen sich Vermittler gegen Beratungsfehler mindestens mit 1,1 Millionen Euro absichern.

Bild: © Henning Hraban Ramm /

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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