Pflege-Bahr: Geringverdiener werden bereits abgeschreckt

Mehr zusätzlichen Pflegeschutz für alle, das ist die Idee der staatlich geförderten Pflegezusatzversicherung. Pro Monat gibt es für eine Pflege-Bahr-Police nun fünf Euro staatliche Förderung. Eine Gesundheitsprüfung müssen die Kunden nicht bestehen. Nachdem nun Barmenia und Huk-Coburg die ersten Angebote vorgestellt haben, warnen Verbraucherschützer bereits Geringverdiener vor einem Abschluss. Grund: Im Pflegefall werden die Leistungen auf die Grundversorgung angerechnet. Das bedeutet, so die Verbraucherzentral NRW, dass der Versicherte dann letztendlich nicht mehr Geld zur Verfügung habe, als jemand der nie in eine solche Police eingezahlt hat.

Die Stiftung Warentest schreibt: "Jedoch sollten Geringverdiener, auch wenn die Beiträge niedrig sind, sich den Abschluss genau überlegen. Der Grund: Die Leistungen der Versicherung werden im Pflegefall auf die Grundversorgung angerechnet. Hinzu kommt, dass Pflegetagegeldpolicen sich nur für Versicherte eignen, die ein sicheres Einkommen haben und die Beiträge dauerhaft zahlen können. Kündigt der Kunde den Vertrag, sind die bis dahin gezahlten Beiträge weg."

Positives Gesamturteil
Trotzdem beurteilen die Tester die Angebote insgesamt positiv: Um Vorsorge für die beträchtlichen privaten Aufwendungen in der Pflege zu treffen, könne eine Zusatzversicherung durchaus nützlich sein. Zudem sei der geförderte Pflege-Bahr für alle Menschen, die bisher wegen Vorerkrankungen keine private Pflegeversicherung abschließen konnten, vorteilhaft. Laut Verbraucherzentrale NRW bekommen schon Ältere auf dem freien Markt oft keine Policen mehr. Spannend ist, dass schon die ersten beiden Angebote in ihren Leistungen die Empfehlungen des Verbandes der privaten Krankenversicherer übertreffen. Die Krankenlobby hatte vorgeschlagen, dass in der der Pflegestufe I mindestens 20 Prozent und Stufe II mindestens 30 Prozent der Leistung von 600 Euro angeboten werden sollen. Barmenia und die Huk-Coburg leisten hingegen beide in Pflegestufe I mindestens 30 und in II 60 Prozent von 600 Euro. Allein bei Pflegestufe 0, die für Demenzerkranke gilt, orientieren sich die Versicherer mit einer Leistung von zehn Prozent an der Verbandsempfehlung.

Weiterhin Pflegelücke
Das sei aber für verwirrte Personen, die der Pflege bedürfen, viel zu wenig, urteilt die Stiftung. Sie rechnet vor, dass die Pflegekosten für Demenzkranke schon heute bei 2.100 Euro pro Monat lägen. Grundsätzlich bleiben, wenn beim Pflege-Bahr lediglich der Mindestbeitrag geleistet wird oder Ältere nur die Mindestleistung von 600 Euro in Pflegestufe III abschließen, in allen Pflegestufen Finanzierungslücken, die aus der Rente oder dem Vermögen getragen werden müssen. So liege diese Lücke bei einem 50-Jährigen in Pflegestufe III bei beiden Angeboten nach Abzug der gesetzlichen Leistungen noch bei 1.600 Euro. Solche Lücken können durch Mehrzahlung geschlossen werden. Bei der Barmenia ist aber dann für diesen Zusatzteil wieder eine Gesundheitsprüfung notwendig.

Der Rat der Verbraucherschützer: Die Kunden sollten mit einem Abschluss noch warten bis weitere Angebote auf dem Markt sind. Schon jetzt gibt es mit dem Angebot der Central Krankenversicherung eine weitere Pflege-Bahr-Police.



Grafikquelle: Stiftung Warentest

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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