Politische Lösung für Bewertungsreserven in Sicht

Für Lebensversicherer steht eine Reform der Ausschüttung von Bewertungsreserven unmittelbar vor der Tür. Viele Anzeichen deuten daraufhin, dass bis Anfang 2014 die jetzige Regelung, nach der die Versicherer auch 50 Prozent der Bewertungsreserven an festverzinslichen Anlagen an ihre Kunden ausschütten müssen, geändert wird. So arbeitet nach Presseberichten die Koalition derzeit in der Arbeitsgruppe „Finanzen“ daran, alle Versicherte fair zu behandeln.

Angeknüpft werden soll an einen Vorschlag, der Ende 2012 bereits dem Vermittlungsausschuss vorlag. Kunden sollen danach nicht mehr an den Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren beteiligt werden, wenn der Garantiezins ihres Vertrages höher ist als die Umlaufrendite, also der Durchschnittswert aus den Renditen öffentlicher Anleihen. Zudem sollte eine Härtefallregelung dafür sorgen, dass Kunden bei der Auszahlung im Schnitt maximal fünf Prozent Abschlag in Kauf nehmen müssen.

Kurse extrem in die Höhe geklettert
Rund 90 Prozent aller Bewertungsreserven entfallen laut Versicherungsbranche derzeit auf festverzinsliche Anlagen. Augenblicklich werden Kunden, deren Verträge auslaufen, besonders gut gestellt, da durch die niedrigen Zinsen die Kurse für festverzinsliche Anlagen extrem in die Höhe geklettert sind und hohe Bewertungsreserven verursacht haben. In ihrem Finanzstabilitätsbericht hatte sich auch die Deutsche Bundesbank für eine Neuregelung der Bewertungsreserven-Beteiligung von Lebensversicherungskunden ausgesprochen. Dieser Meinung war die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) schon immer.

Wenige profitieren zu Lasten des Kollektivs
Auch die BaFin will die Kunden weiterhin an den Bewertungsreserven beteiligen. Das hatte das Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben. „Aber dabei muss die extreme Volatilität berücksichtigt werden. Sie darf nicht länger in vollem Umfang auf die Ansprüche in den fälligen Verträgen durchschlagen. Sonst profitieren wenige Kunden, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ausscheiden – zu Lasten der vielen Versicherten, die im Kollektiv bleiben“, erläuterte Versicherungsaufseher Felix Hufeld in einem FAZ-Interview. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat die Branche in diesem Jahr pro Monat knapp 300 Millionen Euro an Bewertungsreserven an ihre Kunden ausgeschüttet. Das wären rund 80 Prozent mehr als 2011.

Öffentliche Kritik wird Wellen schlagen
„Dadurch verlieren wir jeden Monat Substanz, die wir brauchen, um alle Versicherten gut durch die Niedrigzinsphase zu bringen“, kritisiert GDV-Präsident Alexander Erdland. Doch der gerechtere Ausgleich für jüngere Kunden, deren Verträge noch länger laufen, wird den aktuellen Aussteigern kaum schmecken. Die öffentliche Kritik wird daher wohl wieder große Welle schlagen, wenn es den Versicherern nicht gelingt, klar zu machen, dass die Kapitalerträge auch wirklich beim künftigen Versicherungskollektiv ankommen. „Hier gibt es bereits heute die Regelung, dass mindestens 90 Prozent der anzurechnenden Kapitalerträge der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen sind“, beruhigte bereits im Vorfeld einer gesetzlichen Neuregelung der Chef der LVM-Versicherung Jochen Herwig.

Fraglich bleibt aber wie sich Verbraucherschützer verhalten, die eigentlich allen Lebensversicherten verpflichtet sind. Laut LVM sind die jährlich ausscheidenden Kunden gegenüber dem Gesamtkollektiv in der absoluten Minderzahl. „Fünf Prozent bekommen etwas und 95 Prozent müssen verzichten“, so Herwig.

Bildquelle: © Petra Bork /

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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