Vertreter dürfen separate Vergütung vereinbaren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg bestätigt. Danach ist es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Vertreter mit dem Kunden eine eigenständige Vergütung für die Vermittlung einer Nettopolice vereinbaren, wenn er seine Agenturbindung gegenüber dem Versicherungsnehmer offenlegt und auch sonst den Kunden nicht über seinen Status im Unklaren lässt.

Der BGH (Aktenzeichen: I ZR 104/12) hat am 6. November 2013 in seiner erst Ende letzter Woche veröffentlichen Entscheidung letztlich dem OLG Naumburg Recht gegeben und der Erstinstanz dem Landgericht Dessau-Roßlau widersprochen.

Irreführung über den Status vorgeworfen
Dem Urteil lag eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zwischen zwei Vertretern mit Erlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO zugrunde. Ein Mitarbeiter der verklagten Vertreterin hatte dem Kunden eine "Erstkontaktinformation" mit einer zutreffenden Information über den gewerberechtlichen Status als Vertreterin ausgehändigt und anschließend eine fondsgebundene Versicherung der Atlanticlux Lebensversicherung vermittelt. Dabei handelte es sich um eine Nettopolice. Außerdem wurde eine separate Vergütungsvereinbarung getroffen, in der unter anderem festgehalten war, dass die Vertreterin in dieser Vertretereigenschaft des Versicherers tätig wird.

Ein Wettbewerber warf der Vertreterin vor, dass er gegen die "typenspezifische Erlaubnis" als Versicherungsvertreterin und damit wettbewerbswidrig handelt. Denn die Vereinbarung separater Vergütungsvereinbarungen deute auf einen Makler hin. Der Kunde werde in die Irre geführt.

Auf das gesamte Verhalten kommt es an

Der BGH vertritt dagegen die Meinung, dass die Vertreterin den Umfang ihrer Erlaubnis als Versicherungsvertreterin nicht überschritten hat. Auch eine Irreführung sah er nicht als gegeben an, weil die Vertreterin den Kunden nicht über die Vertretereigenschaft im Unklaren gelassen hat. Damit ist auch eine Eigenschaft als Pseudomakler nach § 59 Absatz 3 Satz 2 VVG auszuschließen.

"Der Abschluss einer selbständigen Vergütungsvereinbarung durch den Versicherungsvertreter des Versicherers mag zwar im Blick auf die tatsächlich zu erbringende Vermittlungsleistung gewisse Gefahren für eine Irreführung des Kunden in sich bergen", so der BGH. Aber, "allein deshalb kann die Begründung eines Vergütungsanspruchs zugunsten eines Versicherungs-vertreters aber noch nicht als per se unzulässig und damit unlauter angesehen werden. Hierzu bedarf es weiterer, im Streitfall nicht festgestellter oder behaupteter Umstände."

Dass eine separate Vergütungsvereinbarung auf eine Maklertätigkeit hindeutet, verneinte der BGH auch mit Hinweis darauf, dass es auch bei Maklern nicht üblich sei, Honorare zu vereinbaren. Dieses Argument lässt sich allerdings auch in sein Gegenteil verkehren: Wenn es bei Maklern schon nicht üblich ist, vom Kunden eine Vergütung zu verlangen, muss es beim Vertreter erst recht den Kunden verwirren und den Eindruck eines auf seiner Seite stehenden Vermittlers entstehen lassen, zumal öffentlich die sogenannte Honorarberatung als eine unabhängige Beratungsform dargestellt und gefördert wird - beispielsweise aktuell im Entwurf des Koalitionsvertrags von Union und SPD.

Vertreter und Makler nähern sich an
Bemerkenswert ist an der Urteilsbegründung auch, dass der BGH offenbar die Vertretern und Maklern gleichermaßen nach § 61 VVG auferlegten Beratungspflichten, sanktioniert durch eine Schadenersatzpflicht nach § 63 VVG, als Indiz für eine inhaltliche Annäherung von Vertreter und Makler bewertet. Es stimme nicht mehr, dass ein Vertreter von vornherein nicht in der Lage ist, den Kunden nach dessen Bedürfnissen und Interessen angemessen zu beraten, nur weil er im Lager des Versicherers steht und zur Loyalität verpflichtet ist. "Im Hinblick auf diese gesetzliche Regelung wäre es wenig verständlich, wenn es dem Versicherungsvertreter verwehrt sein sollte, Beratungstätigkeiten - die in erheblichem Umfang schon gesetzlich vorgegeben sind - zum Gegenstand vertraglicher (entgeltlicher) Vereinbarungen mit dem Versicherungsnehmer zu machen."

Der Unterschied zwischen Vertreter und Makler reduziert sich danach anscheinend auf die Marktauswahl, die nur der Makler schuldet, während beide gleichermaßen - nach Umfang und Intensität, so der BGH - die Pflicht haben in der Beratung darzustellen, "ob die (wahrheitsgemäß dargestellten) Eigenschaften des angebotenen Produkts den Bedürfnissen und Interessen des Versicherungsnehmers entsprechen".

Auch an anderer Stelle ist zu beobachten, dass sich die Begriffe Vertreter und Makler verwirren. So wird im Honoraranlageberatungsgesetz die Unabhängigkeit direkt von der Vergütungsform abhängig gemacht - aus Sicht des Kunden wird es aber wohl kaum einen erkennbaren Unterschied zwischen "Honorar" und "separater Vergütung" geben. Beides wird als "Honorarberatung" verstanden werden. Das Mittel der Statustransparenz wird zudem in immer neuen Erlaubnistatbeständen wir jüngst dem § 34h GewO für Honoraranlageberater gesucht. Vielleicht brauchen wir demnächst daher auch noch einen weiteren Erlaubnistatbestand als "Honorarversicherungsvertreter"? Und das alles in einer Situation, in der Kunden nach allgemeiner praktischer Wahrnehmung noch nicht einmal "Vertreter" und "Makler" sicher zu unterscheiden wissen.

Keine Entscheidung zum Thema Schicksalsteilungsgrundsatz
Das BGH-Urteil beantwortet nicht die Frage, ob separate Vergütungsvereinbarungen, die in Erfüllung des Versicherungsgeschäfts geschlossen und vom Versicherer abgewickelt werden, den Schicksaltsteilungsgrundsatz wirksam aufheben. Das heißt, ob die Vergütungsvereinbarung selbst dann voll durchsetzbar ist, wenn der Versicherungsvertrag vorzeitig gekündigt wird.

Die Klärung dieser Frage durch den BGH hat ein Wettbewerber der Atlanticlux, die Prisma Life, bereits mehrmals in letzter Sekunde durch Vergleiche verhindert. Auf dem Münsterischen Versicherungstag äußerte sich eine Richterin des betroffenen Senats erkennbar wenig erfreut über das Taktieren des Versicherers. Das lässt nicht unbedingt erwarten, dass der BGH der Vertragsgestaltung in dieser Hinsicht positiv gegenübersteht. Immerhin wird der frühstornierende Kunde bei dieser Art der Vergütungsseparierung im Vergleich selbst zu einer intransparenten Bruttopolice aus der Zeit vor der VVG-Reform benachteiligt. Denn dort riskierte der Kunde maximal den Totalverlust der eingezahlten Prämien, aber nicht zusätzliche Abschlusskosten wie bei der Nettopolice mit separierter Vergütung. Seit der VVG-Reform ist die Bruttopolice zudem sowohl in Sachen Kostentransparenz als auch der Rückkaufswertberechnung nochmals erheblich verbessert worden, sodass hier nicht einmal mehr ein Totalverlust der Prämien möglich ist.

Bild: © Gerd Altmann/

Autor(en): Matthias Beenken

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