Vermittler: Noch zu viele schwarze Schafe

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„80 Prozent der Versicherungsvertreter arbeitet sehr sauber, bei 20 Prozent besteht aber noch Nachbesserungsbedarf“, so O-Ton Ralf Berndt, Vorstandsmitglied der Stuttgarter Lebensversicherung a.G. und der Stuttgarter Versicherung AG auf dem 14. Vorlesungstag an der Universität Leipzig.

Diesen ernüchternden Kommentar machte der Lenker des Maklerversicherers aus Stuttgart auf einer Podiumsdiskussion, die mit dem Slogan überschrieben war: "Berufsbild Versicherungsvertreter - Anspruch und Wirklichkeit, Schein und Sein". Noch zu viele schwarze Schafe schadeten dem Image der Branche.

20 Prozent, die nicht korrekt arbeiten, die nicht korrekt beraten - nach Ansicht von Professor Dr. Fred Wagner, Vorstand des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig und gleichfalls Moderator der Diskussionsrunde, eine viel zu hohe Zahl. Diese würde auch dadurch zustande gekommen, dass Vermittler, die bei der Gesellschaft X gescheitert seien, bei der Gesellschaft Y Unterschlupf gefunden hätten.

Mehr Sein als Schein

Ein Tatbestand, den Berndt aber nicht als unumkehrbar ansehen wollte und gleichfalls andeutete, dass es in seinem Haus Maßnahmen umgesetzt würden, um Nicht-Qualifizierte "auszufiltern" und insgesamt diese Nicht-Fähigen "aus der Branche gedrückt werden müssten". Trotz seiner Klaren-Kante-Position verwahrte er sich aber auch gegen eine Schwarz-Weiß-Malerei der Versicherungslandschaft und betonte, dass am Ende bei Maklern und Vermittlern doch mehr Sein als Schein vorherrsche.

Aber der Stuttgarter-Vorstand ging nicht nur mit den Versicherungsvermittlern scharf in Gericht, auch seine Mitbewerber und deren Vorstandsköpfe bekamen ihr Fett ab. So machte er sich für den GDV-Verhaltenskodex stark, dem erfreulicherweise immer mehr Versicherungsunternehmen beitreten würden. Er plädierte aber auch dafür, dass diejenigen, die den Kodex nicht unterschrieben, auch mit der Öffentlichkeit konfrontiert werden müssten. "Eine Art moderner Pranger, bei dem Unternehmen, die ein schlechtes Testat haben, öffentlich gemacht werden." Der Verband habe eben nicht die Möglichkeit, bei Fehlverhalten ein Bußgeld zu verhängen, aber diese Anprangerung wäre eine sinnvolle Chance, die Reputation der Branche zu schützen.

Versicherungsbranche: Ein verlogenes System?

Der gute beziehungsweise schlechte Ruf der Branche war natürlich auch ein wichtiger Aufhänger für Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift "Finanztest". Der Verbraucherschützer ging in seinem Angriff aber soweit, dass er die Branche als "verlogenes System" anprangerte.

Verlogen deshalb, weil die Versicherungsvertreter gezwungen seien, zu verkaufen, um (über-)leben zu können. Die objektive Beratung käme dabei viel zu kurz. Auch seien meist die Produkte nicht schlecht, diese seien "nur bei den falschen Menschen gelandet". So könnten zum Beispiel 95 Prozent derjenigen, die eine Fondspolice abgeschlossen hätten, diese nicht richtig nutzen, wie man sie eigentlich nutzen könnte.

Vertrauen lässt sich nicht durch Gesetze herbeiführen
Weitaus milder mit der Versicherungsbranche ging Dr. Erich Paetz, Ministerialrat im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ins Gericht. So sei die Situation in der Versicherungswirtschaft besser geworden. Dies zeige sich auch an dem nachgebesserten GDV-Kodex, der anfänglich nur auf dem Papier bestanden habe. Gezeigt habe sich aber auch, dass von oben verordnete Maßnahmen nicht fruchten würden, die Branche müsste diese von sich aus und freiwillig annehmen.

Als "fatal" hingegen erachtet er die Position des Persönlichkeitscoach Martin Limbeck, der behauptete, dass viele Makler und Vermittler ihren Lohn zu 50 Prozent als Schmerzensgeld erachten würden. Diese Stimmung dürfe in der Branche nicht vorherrschen, die Vergütung müsse zu 100 Prozent als Belohnung für eine gute Beratung gesehen werden. Sicher sei aber auch, dass "sich Vertrauen nicht regulieren und durch Gesetze herbeiführen lasse".

Und Gerald Archangeli, Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, zeigte in der Podiumsdiskussion in Leipzig Verständnis dafür, dass zwischen den Polen Beratung und Verkauf oftmals eine Gratwanderung zu bewerkstelligen sei, wobei sein Berufsstand auf keinen Fall als die Tschaka-Tschaka-Typen, die über heiße Kohlen laufen, eingeordnet werden wollen.

Bildquelle: © picscout Matthias Stolt

Autor(en): Meris Neininger

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