Stiftung Warentest: Allfinanzvertriebe besser als ihr Ruf

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Überraschend gut haben 20 Berater von vier verschiedenen Allfinanzvertrieben bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest abgeschnitten.

Insgesamt beurteilte die Stiftung die Beratung durch selbstständige Handelsvertreter der Deutschen Vermögensberatungs AG (DVAG) mit den Noten 2,5 für die Datenerfassung, mit 2,6 für die Produktempfehlung und mit 4,2 für die Informationsqualität. Die Berater der MLP AG erzielten die Noten 3,1, 2,6 und 3,5. OVB-Vermögensberater schnitten wie MLP-Vermittler ab.
Allein bei der Informationsqualität gab es mit der Note 3,6 eine leicht schlechtere Bewertung. Bei Swiss Life Select waren die Tester mit den Produktempfehlungen nicht immer zufrieden. Daher gab es hier lediglich die Note 3,6.

Berater der Allfinanzvertriebe heute besser qualifiziert als 2008
„Einige Berater von Allfinanzvertrieben sind richtig gut“, urteilt die Stiftung in ihrem Bericht. Trotzdem sei es nicht leicht, in Deutschland eine gute Finanzberatung zu bekommen. Nach Meinung der Test hängt die Beratungsleistung stark von der Qualität des einzelnen Beraters ab. Immerhin werden die Produktempfehlungen der der DVAG, MLP und der OVB gelobt. „Alle drei Anbieter verfehlten in diesem Prüfpunkt nur knapp ein 'gut'.“ Nach Einschätzung der Berliner Tester sind die Berater der Allfinanzvertriebe heute deutlich besser qualifiziert, als noch vor der schweren Finanzkrise im Jahre 2008. Ein Grund wären rechtliche Auflagen. Denn heute müssten Finanzvermittler eine berufliche Qualifikation nachweisen und umfassende Beratungspflichten erfüllen.

Starre Vorgaben
Ob ein solcher „Modellkunden-Test“ aber tatsächlich die reale Beratungspraxis wiederspiegelt, darf bezweifelt werden. So wollten die Testkunden eine Einmalsumme von 15.000 bis 25.000 Euro 15 bis 20 Jahre anlegen und gleichzeitig über den denselben Zeitraum jeden Monat 500 Euro ebenso sicher sparen. Am Ende der Laufzeit sollte das gesamte Geld verfügbar sein. Daher wurden Empfehlungen zur Rürup-Rente negativ bewertet. Den hier stehe am Ende der Laufzeit nur eine Rente zu Verfügung.

Vollkommen starre Wünsche sind aber für Kunden in der Regel ungewöhnlich. Und wenn Berater - aufgrund der guten Gesundheit, der als Selbstständige aufgetretenen Testpersonen – das Altersrisiko hoch eingeschätzt haben, ist eine lebenslange, steuerlich subventionierte Rente vielleicht gar keine so schlechte Empfehlung. Möglicherweise hätten die Berater „flexiblere“ Kunden noch besser beraten. Problematisch erscheint, dass für jeden Vertrieb lediglich fünf Berater getestet wurden. Da könnte der Zufall – bei diesem Test der positive – eine Rolle gespielt haben.

Wer eine finanzielle Rundumberatung will
Tatsächlich fatal ist allein die Empfehlung eines Beraters der Swiss Life Select, der einen geschlossenen Fonds als sicher bezeichnete. Gelobt wurde hingegen ein DVAG-Berater, der das vorhandene Kapital sehr gut auf verschiedene Produkte verteilte. Neben einer klassischen Rentenversicherung – natürlich vom Exklusivpartner AachenMünchener – wurde ein Bausparvertrag, ein Rentenfonds und ein Aktienfonds Welt sowie zwei fondsgebundene Rentenversicherungen vorgeschlagen. Die Stiftung rät dann konsequenter Weise auch: „Wenn Sie eine finanzielle Rundumberatung für alle Lebensbereiche benötigen, kommt ein Berater eines Allfinanzvertriebs wie DVAG, MLP, OVB oder Swiss Life Select infrage. Er kann Ihnen Sachversicherungen, Kranken-, Lebens- und Rentenversicherungen genauso wie Bausparverträge, Baufinanzierungen und Geldanlagen vermitteln.“

Blauäugige Position

Da die Tester mit Informationen über Kosten und Abschlussgebühren insgesamt unzufrieden waren, raten sie den Kunden die Berater zu fragen, ob „ausschließlich gute Produkte“ angeboten werden oder „nur Anlagen von Partnern, mit denen sein Vertrieb eine Kooperationsvereinbarung über Provisionen hat.“ Das ist wohl etwas blauäugig. Denn es ist ja wohl kaum vorstellbar, dass ein Berater „seine“ Produkte als schlecht bezeichnen würde.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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