Frauen in der Finanzbranche: Immer noch die Ausnahme

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"Wir müssen die Fähigkeiten von Führungskräften verbessern, mit Mitarbeitern zu arbeiten, die nicht notwendigerweise die ganze Zeit im Büro physisch anwesend sind", sagte Cecilia Reyes, CIO Zurich Insurance, in einer aktuellen Studie "Women in Financial Services" der Managementberatung Oliver Wyman zur Rolle von Frauen in der Finanzdienstleistungsbranche.

"In keiner Branche haben Frauen eine so geringe Chance, aus dem mittleren Management in die Führungsetage aufzusteigen wie in der Finanzwirtschaft", lautet das Urteil der Studienmacher. Nur vier Prozent der größten Finanzdienstleistungsunternehmen weltweit werden von einer
Frau geführt, der Anteil der Frauen auf Ebene der Konzernleitung liegt bei 13 Prozent. Verglichen mit anderen Industrien sei der Prozentsatz der weiblichen Führungskräfte damit auf einem niedrigem Niveau.

Deutschland liegt im hinteren Drittel
Zwar sei der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten bei Banken und Versicherern in den vergangenen Jahren zwar deutlich gestiegen, blieben aber auf Konzernleitungsebene klar unterrepräsentiert. Zugleich besetzten Frauen häufig Positionen, in denen der Erfolg nicht unmittelbaren Einfluss auf Gewinn und Verlust hat. So würden in den Bereichen Recht, Compliance, Audit und Marketing über 25 Prozent der Führungsposten von Frauen besetzt, im Bereich Personal sogar in über der Hälfte der Fälle.

Nach Ländern betrachtet zeigten sich deutliche Unterschiede was den Anteil von Frauen in Führungspositionen der Finanzunternehmen angehe. So seien in Norwegen 35 Prozent der Konzernleitungsmitglieder weiblich, in Schweden 29 Prozent, in Russland 20 Prozent, während Deutschland mit Platz 15 von 19 im hinteren Drittel landet.

Langsamer Wandel
Immerhin hat sich in Deutschland der Anteil der Frauen in Führungspositionen im Zeitraum von 2003 bis 2013 auf sehr niedrigem Niveau von zwei auf sieben Prozent leicht erhöht. In Japan war im vergangenen Jahr sogar kein einziger Vorstandsposten von einer Frau besetzt.

Woran liegt es, dass der Wandel so langsam vorangeht? "Ich denke, es ist kein Frage des Geschlechts an sich. Wir sind unbewusst voreingenommen und neigen dazu, diejenigen, die so sind wie wir, mehr zu fördern, im Gegensatz zur aktiven Suche nach Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten", so Sue Kean, Group Risk Officer bei Old Mutual.

Vielfalt bringt Vorteile
"Der Mangel an Vielfalt in unserer Branche - ob Geschlecht oder anderweitig - verringert auf lange Sicht die Geschäftschancen. Die Finanzdienstleistungsbranche greift im Wettbewerb um Talente zu kurz und ist beim Thema Diversität noch lange nicht am Ziel", sagt Finja Carolin Kütz, Partnerin bei Oliver Wyman.

Eine diverse Arbeitswelt verbessere Entscheidungsfindung, Leistung, Nachhaltigkeit, Service sowie Erträge. Die Veränderungen müssten über den evolutionären Wandel hinaus vorangetrieben werden, betont Kütz.

Die Studie zeigt, dass die aktuellen unflexiblen Arbeitsmodelle in der Finanzbranche Frauen abschrecken. Die Kultur der Finanzdienstleistungsbranche werde von traditionell als männlich wahrgenommenen Attributen geprägt, wodurch eine unbewusste Tendenz entstehe, Frauen zu benachteiligen. Für Männer und Frauen stellt sich die Problemlage unterschiedlich dar: 51 Prozent der Frauen finden, dass eine fairere Geschlechterverteilung in Führungspositionen oberste Priorität haben sollte, doch nur 30 Prozent der Männer sind derselben Meinung.

Die Studie beruht auf quantitativen und qualitativen Analysen zur Geschlechterverteilung von Führungskräften bei mehr als 150 der wichtigsten Finanzunternehmen weltweit sowie einer Befragung von 1.000 Angestellten und Studentinnen und Studenten der Branche.

Wie sich in Deutschland erste Frauennetzwerke bilden, um in der Assekuranz ganz nach oben zu kommen und wie auch Versicherer die Vorteile eines höheren Frauenanteils in ihren Führungsetagen entdecken, hat VM-Autorin Sabine Brunotte untersucht. Lesen Sie hier die Beiträge: und .

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Die Studie ist unter zum Download erhältlich.


Quelle: Oliver Wyman

Bildquelle: © akindo / iStock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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