Wann sich eine Rentenversicherung lohnt

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In wenigen Tagen sinkt der Höchstrechnungszins auf 1,25 Prozent und der Schlussverkauf des bisherigen Garantiezinses endet. Warum sich eine Rentenversicherung selbst dann noch lohnt, selbst wenn es überhaupt keinen Garantiezins gäbe.

Mit der erneuten Absenkung des Höchstrechnungszinses von 1,75 auf 1,25 Prozent scheint sich für die private Rentenversicherung nicht mehr zu lohnen. Klar ist, dass durch die Absenkung die einkalkulierten Kosten deutlicher werden, denn sie führen dazu, dass bei den meisten Tarifen erst nach sehr angen Laufzeiten ein garantierter Beitragserhalt darstellbar ist.

Rendite? Kein Problem, einfach nicht sterben!
Die Situation soll durch die Maßnahmen des Lebensversicherungsreform-Gesetzes (LVRG) entschärft werden, indem vor allem Abschlusskosten gesenkt oder mindestens anders verteilt werden. Grundsätzlich ist aber die Frage, ob der Nutzen einer Rentenversicherung überhaupt sinnvoll an einer „Rendite“ gemessen werden kann. Der Gesetzgeber scheint jedenfalls dieser Meinung zu sein, denn mit dem LVRG kommt eine Renditeminderungskennziffer als Verpflichtung.

Die Rendite einer Rentenversicherung hängt aber davon ab, wie lange der Rentenversicherte lebt. Wer hier eine hohe Rendite haben will, darf schlicht nicht sterben. Mit anderen Worten, die Rendite als solche ist kein sinnvolles Beurteilungskriterium. Übliche Renditeberechnungen beziehen sich deshalb auch nur auf den bis zum Ende der Aufschubzeit erreichten Rückkaufswert oder allenfalls noch bis zu einem fiktiven Rentenende, das nahezu kein Versicherter in der Praxis genau so erreicht.

Wahl zwischen individueller und kollektiver Vorsorge
Wesentlich sinnvoller ist eine andere Überlegung: Was kostet es, sich eine bestimmte Rente aufzubauen? Dazu ein Beispiel: Eine 35-jährige Person will mit 67 Jahren in Rente gehen und dann 10.000 Euro im Jahr vorschüssig zur Verfügung haben.Dazu gibt es genau zwei Möglichkeiten: Zum einen kann der Versicherte eine Kapitalanlage wählen, die er im Alter für sich persönlich nutzt, also Zinsen und unter Umständen auch Teile des Kapitals (Kapitalverzehr) als Rente entnimmt. Ein Problem gibt es nur, wenn am Ende des Geldes noch Leben übrig ist, also der Versicherte älter wird als sein Kapitalverzehr andauert.

Ideal wäre deshalb, ein lebenslänglich ausreichendes Kapital aufzubauen. Dazu muss in der Aufschubzeit ein Kapital aufgebaut werden, dass zuzüglich der ersten vorschüssigen Jahresrente ausreicht, allein aus den Zinsen jedes Jahr die gewünschte Rente zu entnehmen.

Ewig währt am längsten - und kostet am meisten
Angenommen, es ist über diese vielen Jahre nachhaltig ein Zins von zwei Prozent erzielbar. Dann kostet diese "ewige Rente" 11.305 Euro jährliche Sparrate in der Aufschubzeit.

Geht der Vorsorgewillige das Risiko ein, dass das Geld nur bis 130 Jahre reicht, was immerhin über den bisher erreichten Höchstaltern liegt - aber vielleicht in den nächsten Generationen erreicht werden wird -, dann genügen 8.058 Euro Sparrate. Bei immer noch stolzen 120 Jahren sind es 7.347 Euro. Wer ab Alter 110 die Altersarmut riskieren möchte, einem Alter, in dem es heute bereits eine Reihe Menschen gibt, der ist mit 6.481 Euro dabei. Und wer ab Alter 100 auf den Sozialstaat und die Grundsicherung setzt, kann das bereits für 5.424 Euro haben.

Wer dagegen nicht individuell für sich spart, sondern einem Kollektiv beitritt, wie es nur die Rentenversicherung bieten kann, ist aber mit vergleichsweise überaus günstigen 4.136 Euro dabei. Das gilt jedenfalls, wenn das Durchschnittsalter des Kollektivs 90 Jahre beträgt, was von einigen Kritikern der Lebensversicherungsbranche als viel zu konservativ geschätzt kritisiert wird. Wenn aber das realistische Durchschnittsalter tatsächlich geringer liegen sollte, wird die Rente sogar noch günstiger - bei 85 Jahren zum Beispiel reichen 3.390 Euro Sparrate oder 30 Prozent derjenigen, die der ganz sicherheitsorientierte Individualsparer aufbringen muss. Das heißt, kollektive Vorsorge ist die günstigste Form, ein Altersvermögen aufzubauen.

Kosten als Totschlagsargument?
Kritiker werden einwenden, dass die Rentenversicherung mit Kosten belastet ist. Das ist richtig, aber das gilt für alle anderen Anlageformen auch. Manchmal sind es implizite, einkalkulierte, und manchmal explizite, separat berechnete Kosten. Manche Anlageformen verursachen Kosten durch erhebliche Wertschwankungen und Ausfälle, die kompensiert werden müssen. Andere Anlageformen verursachen Kosten durch die Zeit, die für ihre ständige Pflege und Beobachtung aufzubringen ist. Es gibt daher kein grundsätzliches Argument "Kosten", das allein nur gegen die Rentenversicherung sprechen würde.

Ein anderes Argument ist, dass andere Kapitalanlagen höhere Renditen erzielen und dadurch attraktiver sind. Das ist ebenfalls richtig. Im Beispiel hier bedeutet das allerdings, dass der Anleger auf die gesamte Lebenszeit bezogen (bei "ewiger Rente") 1,9 Prozentpunkte mehr Zins als mit der kollektiven Vorsorge erzielen muss, um mit dem Sparbeitrag der kollektiven Vorsorge die ewige Rente aufzubauen. Das heißt, der Anleger muss ewig und zuverlässig einen beinahe doppelt so hohen Zins wie beim kollektiven Sparen erreichen. Auch bei Kapitalverzehr bis Alter 130 sind knapp 1,7 Prozent Zins mehr erforderlich, bis Alter 120 knapp 1,6 Prozent und bei 110 Jahren gut 1,3 Prozent.

Disziplinierende Wirkung der Rentenversicherung
Schließlich kommt noch ein nicht unwichtiges Argument hinzu: Eine Rentenversicherung diszipliniert gerade wegen der viel gescholtenen Verluste, die Kunden bei einer frühzeitigen Kündigung erleben, die Vorsorge auch wirklich zu betreiben. Die meisten anderen Anlageformen verleiten dagegen, das Geld während der Aufschubzeit immer wieder für andere Zwecke einzusetzen. Insofern ist die Erhöhung der Rückkaufswerte bei Vertragsbeginn ein kontraproduktives Signal des Gesetzgebers.

Kurz gesagt, lohnt sich eine kollektive Rente immer für diejenigen, die während ihres Berufslebens ein Vermögen erst aufbauen müssen und die sich nicht zutrauen, mit alternativen Anlagen zuverlässig und lebenslänglich einen erheblich höheren Zins zu erreichen. Der Garantiezins spielt dabei keine entscheidende Rolle.

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Bildquelle: © Oliver Berg / dpa

Autor(en): Matthias Beenken

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