Private Krankenversicherung: Vor sehr schweren Zeiten

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Nur politisch ist es ruhig in der privaten Krankenversicherung (PKV). Die Parteien der Großen Koalition haben einen Nichtangriffspakt geschlossen. Daher ruft niemand mehr laut nach der Bürgerversicherung. "Es gibt keine Nachteile, aber auch keine Vorteile", sagt ein Branchenexperte. Ein Vorteil wäre etwa, wenn neben der Veränderung der Sterblichkeit und der Schadenaufwendungen auch ein neuer, niedriger Kalkulationszins als so genannter auslösender Faktor gelten könnte und die Versicherer berechtigte, ihre Beiträge anzuheben. "Eine regelmäßige Anpassung in kleinen Schritten, empfinden die Kunden nämlich angenehmer, als eine plötzliche Erhöhung", so der Insider.

Doch politisch bewegt sich derzeit nichts bei der PKV. Daher wird die Schwelle, die fünf oder sogar zehn Prozent betragen kann, bei vielen Tarifen einfach noch nicht gerissen. Und das obwohl viele Unternehmen bereits wissen, dass sie ihre Prämien massiv nach oben anpassen müssen.

Unisex-Tarife für Altkunden unattraktiv

Immerhin hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bereits festgestellt, dass 36 von 40 Unternehmen den im Jahr 2015 ausgewiesenen Rechnungszins nicht erreichen können. Springen die auslösenden Faktoren an, müssen die Alterungsrückstellungen mit einem geringeren Zins bewertet werden und es kommt zu Beitragserhöhungen. Dabei dürfte der deutliche geringere Wechsel - vor allem von Männern - zu anderen Gesellschaften, den Druck auf die Prämien erhöhen. Grund ist: Unisex-Tarife sind preislich unattraktiv für Altkunden. Somit wirken gleich vier Faktoren auf die Beiträge der privaten Krankenversicherer: Der niedrige Zins, ein geringeres Storno, eine höhere Lebenserwartung und höhere Kosten. Vermittler und Makler sollten sich daher schon heute auf einen Sturm der Entrüstung ihrer Kunden einstellen.

Der dürfte aber je nach Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen. In diesem Jahr werden jeden Fall Axa-Versicherte erheblich betroffen sein. Zwar sollen die Beiträge im Schnitt nur um rund fünf Prozent steigen. In Einzelfälle wird aber sogar die 50-Prozentmarkt erreicht, wie auf einem Pressegespräch bekannt wurde. Spannend dürfte zudem die Frage sein, wie die Versicherer vor allem für ältere Kunden mit Beitragsmittel die Erhöhungen eindämmen oder überhaupt eindämmen können. Hier kann ein Blick in den neuen Map-Report "Bilanzanalyse: Private Krankenversicherung 2003–2014" helfen.

Jeder kämpft für sich allein
Ausgewiesen wird nämlich die sogenannte Vorsorgequote. Sie ergibt sich laut Autor Reinhard Klages aus der Gegenüberstellung der verschiedenen Vorsorgemaßnahmen, die die PKV ergreift um sicherzustellen, dass die Beiträge durch eine vermehrte Inanspruchnahme von Leistungen im Alter nicht steigen, mit den verdienten Bruttobeiträgen.

Als Branchenprimus kann sich die LVM feiern lassen. Das Unternehmen erreichte 2014 eine Vorsorgequote von 60,9 Prozent und legte somit von jedem eingenommen Euro deutlich mehr als die Hälfte für die Zukunft zurück. Diese Schwelle wird auch von der Alte Oldenburger (56,7 Prozent), der Provinzial (56,4), der Universa (55,3), der Mannheimer (52,9), der Hallesche (51,1), der Debeka (50,5) und der R+V (50,2) übersprungen. Düster sieht es hingegen bei vergleichbaren Anbietern am Ende der Fahnenstange aus. So schafft die Allianz nur 38 Prozent, die Barmenia 37,9, die Signal 37,8, der Deutscher Ring 37,1, die Bayerische Beamtenkranken 35,1, die Continentale 33,5, die DEVK 29,9 und die Pax-Familienfürsorge sogar nur 29,4.

Wie lange kann der negative Trend verkraftet werden?
Gleichzeitig zeigt ein Blick in die Nettorendite, wie die Krankenversicherer zinstechnisch ausgestattet sind. Insgesamt rutschte die Nettorendite im Branchenschnitt von 4,03 Prozent im Vorjahr auf 3,91 Prozent. Nur noch sieben Gesellschaften unter der Führung der Hansemerkur (4,74 Prozent), der Debeka (4,53) und der Signal (4,36) überspringen die magische vier. Demgegenüber sind Mannheimer (3,28), Württembergische (3,13) und Landeskrankenhilfe (2,55) renditemäßig regelrecht im Keller. Dies zeigt, dass die künftig deutlich höheren Anpassungen je nach Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen werden.

Gleichzeitig schrumpft die PKV. Fraglich ist nach Einschätzung des Map-Reports wie lange ein solcher negativer Trend von der Branche verkraftet werden kann. Immerhin drücke die demografische Entwicklung ebenfalls auf die Bestände der PKV. Eine steigende Versicherungspflicht-Grenze und eine schrumpfende Zahl an Selbständigen würden zusätzlich die Hoffnung auf Wachstum schmälern. Und doch gelingt dies einigen Anbieter, was weiterhin den Markt spaltet. Es sind mit Debeka, Huk-Coburg und Hansemerkur sowie Axa nämlich die gleichen Unternehmen, wie in den vergangen Jahren. Das gilt ebenso für die Verlierer: DKV, Central und Allianz. Große Wettbewerbsunterschiede dürfte es damit wohl auch verhindern, dass hinsichtlich der kommenden - vielfach dramatischen Beitragsrunden - eine branchenübergreifende Krisenkommunikation den Sturm der Entrüstung rationalisiert und abmildert.

Bildquelle: © n-media-images / Fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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