Auf der Suche nach dem richtigen bAV-Weg

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Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien zum Ziel gesetzt, die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken. Vor allem in Kleinbetrieben und bei Geringverdienern sehen sie Nachholbedarf. Zwei Bundesministerien haben nun Gutachten veröffentlicht, die sich mit dem Ausbau der bAV auseinandersetzen. Für die Bundesregierung liegen zwei Handlungsfelder im Raum: Die Optimierung der steuerlichen Förderung und eine bessere Ein- und Anbindung der Tarifvertragsparteien bei Organisation und Umsetzung der bAV.

"In Deutschland fehlt es an einem abgestimmten und konsensgetragenen Konzept für die Alterssicherung insgesamt", so lautet die Einschätzung des Rechtswissenschaftlers Professor Dr. Peter Hanau und des Rechtsanwalts Dr. Marco Arteaga, die im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) das Gutachten "Sozialpartnermodell Betriebsrente" erstellt haben.

Ein Systemkonsens fehlt
Ein "Systemkonsens" müsse noch gefunden werden. Dies zeige auch die Misere um die Erwerbsminderungsrenten sowie die Pflichtabsicherung von Selbstständigen, die nicht einem berufsständischen Versorgungswerk angehören. Das Gutachten bestätigte die Grundannahme des BMAS, dass von den Tarifparteien vereinbarte Versorgungslösungen die Komplexität in der bAV beenden und den betroffenen Unternehmen einfache und risikofreie Lösungen verschaffen könnten.

Insgesamt zeige sich, dass das Sozialpartnermodell Betriebsrente auf vier miteinander verbundenen Komponenten beruhe: Tarifvertrag, reine Beitragszusage des Arbeitgebers, Mindestleistungszusage eines sozialpartnerschaftlich gesteuerten alleinhaftenden Versorgungsträgers, kollektive Sicherung bei Ausfall des Versorgungsträgers. Das sei kein neuer bAV-Durchführungsweg, sondern eine Variante der Beitragszusage mit Mindestleistung, mit der Besonderheit, dass nur die Beitragszusagen vom Arbeitgeber abgegeben würden.

Rund 40 Prozent haben keine bAV
Der Verbreitungsgrad der bAV unter den Arbeitnehmern stagnierte in den vergangenen Jahren bei rund 60 Prozent. Wie kann sie vor allem bei Gering- und Niedrigverdienern ausgebaut werden? Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat dazu das Gutachten "Optimierungsmöglichkeiten bei den bestehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung" in Auftrag gegeben. Gutachter war mit seinem Team Professor Dr. Dirk Kiesewetter, von der Universität Würzburg.

Das Gutachten nennt drei Haupthemmnisse, die dem Ausbau der Betriebsrente im Weg stehen:
  • Geringverdiener haben kaum Geld übrig, das sie in eine Betriebsrente stecken könnten
  • für kleine Unternehmen fehlen Anreize, sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen
  • auf beiden Seiten sind kaum Kenntnisse über das System der Betriebsrente vorhanden

Die Wisenschaftler empfehlen der Politik, eine Zuschusspflicht des Arbeitgebers bei der Entgeltumwandlung einzuführen. Als Ausgleich solle für den Arbeitgeber ein so genannter bAV-Abzugsbetrag geschaffen werden, vorgesehen für Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern. Die zweite Empfehlung lautet: Die Riester-Förderung muss ins System der bAV intergriert werden. Wenn Arbeitnehmer derzeit eine Riester-Förderung über das System der Betriebsrente bekommen wollten, gehe dies nur über Entgeltbestandteile, die schon versteuert und mit Sozialversicherungsbeiträgen belastet wurden. Werde die Riester-Rente später ausgezahlt, seien ein zweites Mal Sozialversicherungsbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner fällig.

Kein Anreiz für Geringverdiener
Die Wissenschaftler zeigten in dem Gutachten auch Ansatzpunkte für eine effektivere Gestaltung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen auf. Dadurch das Betriebsrenten voll auf die Grundsicherung angerechnet werden, hätten Geringverdiener keinen Anreiz zusätzlich vorzusorgen. Zudem seien Verbesserungen bei der Portabilität nötig.

Nicht alle Vorschläge des Kiesewetter-Teams finden beim Auftraggeber Zustimmung. Das BMF bewertete die Gutachtenempfehlungen einer gesetzlichen Zuschusspflicht des Arbeitgebers bei steuerfreier Entgeltumwandlung sowie des bAV-Abzugsbetrags für kleine Unternehmen als "problematisch". Man werde "zusammen mit den anderen betroffenen Ressorts prüfen, welche der im Gutachten empfohlenen Reformüberlegungen weiter verfolgt werden sollten", heißt es auf der Internetseite des Ministeriums.

Quelle: BMAS, BMF

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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