Herbe Kritik an Standmitteilungen

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Die Verbraucherzentrale Hamburg hat die Mitteilungen untersucht, die Lebensversicherer an ihre Kunden verschicken, damit diese wissen, wie sich ihr Vertrag entwickelt. Manche Versicherer schaffen es, nicht einmal gesetzliche Anforderungen einzuhalten, so das Fazit.

"Bei Versicherungen mit Überschussbeteiligung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer jährlich in Textform über die Entwicklung seiner Ansprüche unter Einbeziehung der Überschussbeteiligung zu unterrichten. Ferner hat der Versicherer, wenn er bezifferte Angaben zur möglichen zukünftigen Entwicklung der Überschussbeteiligung gemacht hat, den Versicherungsnehmer auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von den anfänglichen Angaben hinzuweisen."

So beschreibt § 155 VVG die "Jährliche Unterrichtung", die auch als Standmitteilung bezeichnet wird. Konkret verlangt zudem § 6 Absatz 1 Nr. 3 VVG-InfoV, "soweit nach dem Vertrag eine Überschussbeteiligung vorgesehen ist, alljährlich eine Information über den Stand der Überschussbeteiligung sowie Informationen darüber, inwieweit diese Überschussbeteiligung garantiert ist" vom Versicherer.

68 verschiedene Standmitteilungen
Im Rahmen des "Marktwächters Finanzen" hat die dort für Versicherungen verantwortliche Verbraucherzentrale Hamburg Standmitteilungen aus Verbraucherberatungen sowie aus einem öffentlichen Aufruf untersucht. Diese stammen von 48 Versicherern. Da diese zum Teil auch andere Gesellschaften übernommen hatten und dadurch im Konzern unterschiedliche Standmitteilungen versendet werden, rechnet die Verbraucherzentrale die Gesamtzahl auf 68 unterschiedliche Arten von Standmitteilungen hoch.

Die Untersuchung wurde dreistufig angelegt. In der ersten Stufe wurde untersucht, ob die oben zitierten gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt werden. Das war laut der Studie bei 18 von 68 Standmitteilungen nicht der Fall. Viermal sei keine Todesfallleistung angegeben worden Insgesamt 14-mal seien die Angaben zur Ablaufleistung "unzureichend" gewesen. Selbst innerhalb einer Versicherungsgesellschaft sind die Verfahrensweisen nicht immer einheitlich. Als Beispiel wird die HDI genannt, bei der es sehr darauf ankommt, wo der Kunde ursprünglich seinen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen hatte, denn HDI hat verschiedene Bestände mit unterschiedlichen Verfahrensweisen übernommen.

Selbst GDV-Empfehlung wird oft nicht angewendet
In der zweiten Stufe wurde ein so genannter "Grundstandard" verlangt. Nach den Vorstellungen der Verbraucherschützer sollten zusätzlich zu den gesetzlichen Angaben auch folgende Informationen an den Kunden gegeben werden: Die Höhe des Rückkaufswerts, die garantierte Todesfallleistung, die garantierte Ablaufleistung, die garantierten Überschüsse bei Rückkauf, Todesfall oder Ablauf sowie die Versicherungsgesellschaft und die Versicherungsnummer.

Bei der Karlsruher Lebensversicherung beispielsweise scheint es Kunden immer nur mit genau einem einzigen Vertrag gegeben zu haben, denn die Nennung der Vertragsnummer wurde wohl als verzichtbar angesehen. Und die Familienfürsorge und ebenfalls die Karlsruher Leben verzichten zudem darauf, ihre Namen in der Standmitteilung zu erwähnen. Dabei beruft sich die Verbraucherzentrale auch auf eine Empfehlung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vom März dieses Jahres für eine Muster-Standmitteilung für Kapitallebensversicherungen.

Auch gute Beispiele hervorgehoben
Legt man diesen Grundstandard an, dann fallen 36 der 68 untersuchten Standmitteilungen durch. Ergänzt man noch die Angaben der beitragsfreien Versicherungsleistung im Erlebensfall, die Summe der bisher eingezahlten Beiträge und den aktuell zu zahlenden Beitrag in der dritten Stufe zum so genannten "Leitstandard", dann erfüllt keine Standmitteilung mehr diese Anforderungen.

Positiv hervorgehoben werden dennoch die Standmitteilungen von Axa (ehemals Albingia), Gothaer und Gothaer (ehemals Asstel), Huk-Coburg, Ideal und VPV. Deren Standmitteilungen erfüllen bis auf die Nennung der - gesetzlich nicht geforderten - Summe der bisher gezahlten Beiträge alle Anforderungen. Die Verbraucherzentrale macht allerdings darauf aufmerksam, dass auch diese Information sinnvoll und nötig ist, und dass die Versicherer sie bei Riesterverträgen auch liefern müssten.

Raten Sie mal, worüber wir gerade reden
Kritik übt die Verbraucherzentrale Hamburg schließlich an der Uneinheitlichkeit der Benennung und Gestaltung der Standmitteilungen. So stören sich die Verbraucherschützer an mitgesendeter Werbung bei fast jedem zweiten Versicherer. Und bei dem - gesetzlich nicht besonders festgeschriebenen - Namen der Unterrichtung fanden sich 16 verschiedene Varianten. In drei Fällen wurde sogar gar keine Überschrift vergeben. Häufiger wurde von "Information", "Mitteilung", "Wertmitteilung", "Leistungsübersicht" oder "Übersicht" gesprochen. Bei der Basler erhalten die Kunden sogar einen "Kontoauszug", was irreführend sein dürfte.

Als besonders positiv hervorgehoben werden Versicherer, die ihre Standmitteilungen an den Vorgaben für Riesterverträge orientiert gestalten, das sei besonders gut verständlich. Das gebe es bei Ergo Direkt, Cosmos, LVM und Huk-Coburg. Wenig verständlich dagegen ist, wenn Textbausteine verwendet werden, die offensichtlich wenig mit dem konkret vom Kunden abgeschlossenen Vertrag zu tun haben. Selbst Fußnoten schaffen mehrere Anbieter nicht fortlaufend zu nummerieren und damit die Leser zu verwirren.

Handlungsbedarf in mehreren Bereichen
"Damit der Verbraucher seine Standmitteilung nicht nur lesen, sondern auch verstehen kann, besteht folglich in gleich mehreren Bereichen Handlungsbedarf", so das Fazit der Verbraucherzentrale. Die Studie enthält zahlreiche Detailinformationen, die den betroffenen Versicherern helfen sollten, ihre Mitteilungen nutzbringend für die Kunden zu gestalten.

Bild: © Studio /Fotolia.com

Autor(en): Matthias Beenken

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