Bafin: Kapitalpolster-Quote nicht falsch deuten

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Schon heute fürchtet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), dass die Kapitalpolster-Quote einzelner Versicherer falsch verstanden werden könnte. Dies geht aus einer ersten Datenveröffentlichung auf Basis der neuen Risikoerfassung Solvency II (S II) hervor. "Der bloße Vergleich von SCR Bedeckungsquoten ist mit Vorsicht zu genießen", warnt Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund. Es müssten immer die vom Gesetzgeber zugelassenen und von der Bafin genehmigten Möglichkeiten einer besonderen Berechnung berücksichtigt werden. Ab 2017 müssen die Unternehmen ihre Quoten veröffentlichen.

Hintergrund dieser Aussage ist, dass von den 84 Lebensversicherer 43 besonders Maßnahmen nutzen, um einen Übergang ins neue Aufsichtssystem zu schaffen. Die Versicherer müssen mit ihren Eigenmitteln ihre Risiken bedecken können. Die Sicherheitsmittel, die über so genannte SCR-Quote (SCR, Solvency Capital Requirement) gemessen wird, müssen mindestens bei 100 Prozent liegen. Das haben nach den aktuellen Zahlen mit Ausnahme eines Schaden- und Unfallversicherers alle Unternehmen in Deutschland geschafft. Das betroffene Haus soll aber bereits gemeinsam mit der Bafin Maßnahmen eingeleitet haben, um die Deckung wieder über das Limit zu heben.

Lebensversicherer: 26 Sorgenkinder
Viel dramatischer ist die Situation bei den Lebensversicherern. Hier sank die Bedeckungsquote von Anfang des Jahres bis Anfang April um 74 Prozentpunkte auf 209 Prozent. Das erscheint auf den ersten Blick immer noch sehr komfortabel. Doch im Markt gibt es laut Bafin große Schwankungen zwischen den einzelnen Unternehmen.

Zudem müssen viele Lebensversicherer gleich zu mehreren besonderen Maßnahmen greifen, um eine ordentliche Quote zu erreichen. Ohne solche Übergangsmaßnamen hätte es aktuell in der Branche der Lebensversicherer eine Deckungslücke von insgesamt 12,3 Milliarden Euro geben. Besonders betroffen sind 26 Lebensversicherer. Sie hätten die gesetzlich geforderte Quote von 100 Prozent ohne Übergangsmaßnahmen nicht erreicht. Zudem schreibt die Bafin: "Ein Unternehmen musste außerdem eine kurzfristige Stärkung der Eigenkapitalbasis vornehmen, damit wieder eine ausreichende SCR-Bedeckung vorliegt."

Trübe Zukunftsaussichten
Das lässt für die Vorsorgebranche insgesamt für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Die Quoten dürften aufgrund der Niedrigzinsphase weiter nach unten gehen. Daher macht sich die Bafin anscheinend schon heute Sorgen, dass Lebensversicherer nicht frühzeitig gegensteuern.

"Die Unternehmen sollten die Möglichkeit der schrittweisen Anpassung daher in jedem Fall nutzen, um den spezifischen Anforderungen von S II so bald wie möglich nachzukommen", schreibt die Aufsicht. Unternehmen, die eine Übergangsmaßnahme anwenden und ohne Anwendung der Übergangsmaßnahmen eine Unterdeckung aufweisen, müssen der Behörde einen Maßnahmenplan vorlegen, der zeigt, wie das Unternehmen künftig zu ausreichenden Eigenmittel oder zur Senkung des Risikoprofils kommen will. Das muss spätestens bis zum Ende des Übergangszeitraums passieren.

Kontrolle wird verschärft
Einen besonderen Einfluss haben laut Bafin die künftig zu zahlenden Überschüsse. Mit den bisher geleisteten Projektionen vieler Unternehmen ist die Bafin laut dem Bericht unzufrieden. Insgesamt verdichtet sich der Eindruck, dass die Kontrolle der Lebensversicherer deutlich verschärft wird. Die Situation vieler Lebensversicherer gibt wohl Anlass zur Sorge.

"Die aktuelle Niedrigzinsphase belastet die deutschen Lebensversicherungsunternehmen erheblich. Die gesetzlichen Übergangsmaßnahmen entfalten hierbei derzeit die gewünschte dämpfende Wirkung. In Zukunft werden sich einige Unternehmen aber erheblich anstrengen müssen, bei anhaltender Niedrigzinsphase und sich sukzessive abbauender Wirkung der Übergangsmaßnahmen die Solvabilitätsanforderungen nachhaltig zu erfüllen", stellt Bafin-Direktor Grund fest.

Bild: Bafin

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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