Automatisiertes Fahren: Wer haftet und wann?

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Die Bundesregierung beabsichtigt, die Straßenverkehrsordnung an die Möglichkeiten des automatisierten Fahrens anzupassen. Prinzipiell unterstützen Autoexperten diese Entscheidung. Allerdings hatten diverse Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur zahlreiche kritische Anmerkungen zum Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes.

Jürgen Bönninger von der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH kritisiert, wie die Verantwortlichkeit zwischen Fahrer und System geregelt werden soll. Es würden "völlig einseitig" nur die Pflichten des Fahrzeugführers angesprochen - "ohne auf der anderen Seite klarzustellen, welche Tätigkeiten der Fahrzeugführer während der Nutzung der hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktion ausüben darf".

Bönninger: "Damit handelt es sich zunächst nur um eine Enthaftungsnorm für Fahrzeughersteller." Bleibe es beim Text des Gesetzentwurfs, sei ein "Kontrolldilemma zu befürchten, da die Regelungen faktisch eine Kontrolle des Fahrvorgangs vorschreiben, obwohl die Fahrassistenzsysteme technisch bereits eine Nebentätigkeit erlauben". Bei Haftungsfragen könne nicht gelten: "Das Auto lenkt, der Fahrer haftet." Sondern: "Wenn das System fährt, haftet der Hersteller" - jedenfalls bei sachgerechtem Einsatz.

Peter Büttgen vermisst namens der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit die nötige Präzision im Gesetzentwurf. Es fehlten konkrete Regelungen zum Umfang der Daten, zur Erhebung und Verarbeitung, zur Zweckbestimmung, zur Löschung und zur technischen Ausgestaltung der Speichermedien. Neben dem Datenschutz sollte auch die Datensicherheit größere Beachtung finden. Zur Speicherung der Daten nach einem Unfall reichten vier Punkte: Ist der Fahrer gefahren? Ist der Automat gefahren? Gab es eine Übernahmeaufforderung vom System an den Fahrer? Und: Lag eine Funktionsstörung vor?

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Joachim Damasky vom Verband der Automobilindustrie/VDA sieht in der Haftungsfrage einen Dreh- und Angelpunkt des Gesetzentwurfs. Eine Änderung der gegenwärtigen Regelungen sei nicht erforderlich. Die Hersteller müssten die Kunden über Verwendung und Leistungsgrenzen der Systeme informieren. Wobei dies nicht auf die Betriebsanleitung beschränkt bleibe, sondern auch im Fahrzeug geschehe.

Eric Hilgendorf, Universität Würzburg,
merkt an, dass die Hersteller verpflichtet werden müssten, die Informationen über die Assistenzsysteme nicht im Kleingedruckten zu versteckten. Den Nutzern müsse deutlich gemacht werden, was eine "bestimmungsgemäße Verwendung" bedeute - für ihn ein "Kernbegriff" des Gesetzentwurfs.

Volker Lüdemann, Hochschule Osnabrück, bemängelt, der Gesetzentwurf schaffe "keine hinreichende Sicherheit für Autofahrer". Bei aller Bereitschaft zur Konkretisierung bleibe die "Grundproblematik", dass der Fahrer die Systeme ständig überwachen müsse, um die Steuerung nach Aufforderung oder im Notfall "unverzüglich" übernehmen zu können. Es werde immer darüber gestritten werden können, ob die "erforderliche Grundaufmerksamkeit" vorgelegen habe oder der Fahrzeugführer "durch fahrfremde Tätigkeiten unzulässig abgelenkt" gewesen sei. Konkretisierung werde es voraussichtlich erst nach Jahren durch Gerichtsurteile geben.

Der ADAC unterstütze das Gesetzesvorhaben, da vom automatisierten Fahren "eine positive Wirkung auf die Verkehrssicherheit und die Leistungsfähigkeit des Straßenverkehrs zu erwarten" sei, so Markus Schäpe. Wichtig sei, dass der Gebrauch nur im Rahmen der "bestimmungsgemäßen Verwendung" erlaubt sei. Doch wer festlege, was genau darunter zu verstehen sei, bleibe offen.

Die Bundesregierung vertritt in diesem Kontext grundsätzlich die Position: "Während der automatisierten Phase wird der Fahrzeugführer nicht durch das hoch- oder vollautomatisierte System ersetzt. Der Fahrer bleibt der Fahrer."

Quelle: Deutscher Bundestag; Bild: © Monica Odo / istock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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