Willkommen im Gabler Versicherungslexikon



Versicherungslexikon

Qualitätsgeprüftes Wissen + vollständig Online + kostenfrei: Das ist das Gabler Versicherungslexikon auf versicherungsmagazin.de

Jetzt neu: Die 2. Auflage wurde komplett überarbeitet und um über 400 neue Begriffe ergänzt.

Rating

1. Begriff: Ein Rating i.S.v. Art. 3 der EU-Ratingverordnung von 2009 ist jedes Bonitätsurteil einer bei der European Securities and Markets Authority (ESMA) zugelassenen Ratingagentur (credit rating agency), das anhand eines festgelegten und definierten Einstufungsverfahrens innerhalb einer Ratingskala (wie bspw. die weit verbreiteten Ratingskalen von AAA bis D) abgegeben wird und sich auf ein Unternehmen, einen Schuldtitel oder eine finanzielle Verpflichtung, eine Vorzugsaktie oder ein anderes Finanzinstrument bzw. auf den jeweiligen Emittenten bezieht. Finanzanalysen, Anlageempfehlungen u.a. Einschätzungen des Werts oder des Preises eines Finanzinstruments gelten nicht als Ratings.

2. Funktionen: Mit der Definition wird zugleich klar, dass Ratings weder eine Kaufempfehlung oder Bewertung für einzelne Produkte darstellen, noch geben sie Empfehlungen für Investoren, ob Wertpapiere gehalten, gekauft oder verkauft werden sollen. Ratings sind vielmehr Bonitätsurteile, die Anleger, Kreditnehmer, Emittenten und Regierungen nutzen, um fundierte Anlage- und Finanzentscheidungen zu treffen. Zudem können sich Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Investmentgesellschaften bei der Berechnung ihrer gesetzlichen Eigenkapitalanforderungen oder der Berechnung der Risiken ihres Anlagegeschäfts auf diese Ratings stützen.

3. Methodik: Die Urteilsfindung erfolgt in einem strukturierten Ratingprozess. Mit einem Rating wird das beurteilte Wertpapier (Emissionsrating) bzw. Unternehmen (Unternehmensrating) auf Basis verschiedener Ratingansätze nach den maßgeblichen Ratingkriterien in eine Ratingklasse eingestuft, die das Qualitäts- bzw. Bonitätsurteil widerspiegelt. Bei der Erstellung von Ratings werden objektive (statistische, empirisch getestete) und subjektive (von der Person der Analysten und des Ratingkomitees geprägte) Methoden angewendet. Subjektive Methoden beruhen weitestgehend auf dem Expertenwissen der Analysten. Objektive Methoden sind dagegen auf quantitative oder quantifizierbare Informationen begrenzt und nachprüfbar, d.h. auch ein anderer Analyst sollte mit derselben Methode zu demselben Urteil kommen. Durch standardisierte Ratingkriterien und deren standardisierte Zusammenfügungen bzw. Gewichtungen sowie eine standardisierte Auswertung des Basismaterials kann ein weitgehend objektives und nachvollziehbares Rating ermittelt werden.

4. Entwicklungen: Die Ratingagenturen haben immer betont, dass ihre Ratings bloße Meinungsäußerungen seien. Nach Auffassung der EU-Kommission sind Ratings allerdings mehr als bloße Meinungsäußerungen. So soll gemäß der EU-Ratingverordnung sichergestellt werden, dass eine Ratingagentur bei einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoß gegen ihre Vorschriften und im Fall eines damit verbundenen Schadens für einen Anleger oder Emittenten haftbar gemacht werden kann. Zu erwarten ist, dass die Ratingagenturen ihre künftigen Aktivitäten aufgrund der möglichen Schadenersatzansprüche noch verantwortungsbewusster betreiben werden. Allerdings entheben die Schutzbestimmungen die Ratinganwender auch nicht von ihrer Pflicht, sich selbst ein Bild von der Kreditqualität ihrer Investitionen zu machen.

5. Abgrenzungen: Ein Rating einer Ratingagentur ist von einem Ranking und von den weit verbreiteten Produktbewertungen (Produktratings) Dritter abzugrenzen.

Autor(en): Prof. Dr. Fred Wagner, Wolfgang Rief

 

260px 77px