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Value at Risk (VaR)

1. Begriff: Spezifisches Risikomaß mit Anwendungen im Bereich der Finanzrisiken (Risiko), insbesondere der versicherungswirtschaftlichen Risiken. Ausgehend von einem fixierten Zeitintervall und einer vorgegeben Ausfallwahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) ist der VaR einer Finanzposition diejenige Ausprägung der Verlusthöhe, die mit der vorgegebenen Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird (Probable Maximum Loss). Demgegenüber betrachtet die Konzeption des Mean Value at Risk (MVaR) nur denjenigen Betrag, um den der VaR den erwarteten Verlust überschreitet (bspw. weil der erwartete Verlust bereits durch Prämieneinnahmen finanziert ist).

2. Interpretationen: Bspw. kann der 1 %-VaR als 99 %-Maximalverlust interpretiert werden, d.h. in durchschnittlich 99 von 100 Perioden wird der realisierte Verlust den berechneten 99 %-Maximalverlust nicht überschreiten. Der 99 %-Maximalverlust wird verkürzt auch als „100-Jahres-Schaden“ bezeichnet, d.h. im Durchschnitt tritt nur einmal in 100 Jahren ein Verlust auf, der höher als der 99 %-Maximalverlust ist. Wird der VaR als die Höhe des Kapitals interpretiert, mit dem die eingegangenen Risiken zu unterlegen sind, dann entspricht die vorgegebene Ausfallwahrscheinlichkeit der Wahrscheinlichkeit der Aufzehrung dieses Kapitals durch einen Periodenverlust. Formal ergibt sich eine identische Höhe des Risikokapitals, wenn die Verlustwahrscheinlichkeit auf die Höhe der vorgegebenen Ausfallwahrscheinlichkeit begrenzt wird. Die vorzugebende Ausfallwahrscheinlichkeit kann dabei etwa aus Ratinganforderungen abgeleitet werden. Der MVaR entspricht in diesem Kontext dem ökonomischen Kapital (economic capital), definiert als Risikokapital für diejenigen Verluste, die den erwarteten Verlust (der seinerseits durch die Nettorisikoprämie finanziert wird) überschreiten.

3. Probleme: Ein zentraler Kritikpunkt am VaR ist die Tatsache, dass nur die Ausfall- bzw. Verlustwahrscheinlichkeit in die Risikomessung eingeht und nicht die Ausfall- bzw. Verlusthöhe. Ferner ist die Eigenschaft der Subadditivität nicht gewährleistet, d.h. dass sich das Gesamt-Risikokapital bei einem Zusammenlegen von Risikokollektiven notwendigerweise verringert und damit Effekte des Risikoausgleichs im Kollektiv bzw. der Diversifikation erfasst werden können. Diese Schwachpunkte des VaR führten zur Weiterentwicklung des Conditional Value at Risk.

4. Anwendungen: Der VaR ist das zentrale Risikomaß im Hinblick auf regulatorische Anforderungen an das (Mindest-)Risikokapital im Banken- und Versicherungsbereich. Daneben ist der VaR bei der Fixierung von Risikolimits, ferner in der Portfoliotheorie unter Einsatz alternativer Risikomaße sowie bei der risikokapitalbasierten Ergebnissteuerung (RORAC) von Bedeutung.

Autor(en): Prof. Dr. Peter Albrecht

 

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