Alles geht - geht alles?

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Liest man insbesondere Makler-orientierte Newsletter, so gewinnt man schon seit Längerem den Eindruck, dass jedenfalls aus Sicht mancher Anwälte und Verbandsvertreter ein Schlaraffenland entstanden ist. Demnach geht bei den Vertragsgestaltungen im Dreieck zwischen Vermittler, Versicherer und Kunde scheinbar fast alles.

Beispielsweise gibt es historische Grenzen wie das Provisionsabgabeverbot, das seit der öffentlichen Ankündigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus dem Jahr 2012, vorerst Verstöße gegen das Verbot nicht mehr zu verfolgen, als abgeschafft bejubelt wird. Die Bundesregierung hat zudem das Ziel ausgegeben, die so genannte Honorarberatung zu fördern, und dies auch mit einem misslungenen neuen § 34h GewO versucht zu dokumentieren. Scheinbar sind in Sachen Vergütung alle traditionellen Spielregeln außer Kraft gesetzt.

Risikobewusstsein nötig
Kaufleute sollten allerdings nicht ein gesundes Risikobewusstsein vermissen lassen. Auch wenn es anders scheint, gibt es nach wie vor verschiedene rechtliche Grenzen. Werden sie missachtet, drohen verschiedene Sanktionen bis hin zur Entziehung der Gewerbeerlaubnis.

Selbst wenn man angesichts der eklatant fehlenden Vermittlungsaufsicht die gewerberechtlichen Risiken für sich als minimal bewertet, gibt es ein anderes, wirtschaftlich sehr relevantes Risiko: der Reputationsverlust. Der tritt ein, wenn sich Vermittler von ihren Kunden oder gar der Öffentlichkeit und Medien beschuldigt sehen, gegen Kundeninteressen gehandelt zu haben. Vor allem Makler sollten peinlichst genau darauf achten, dass sie sich solchen Vorwürfen nicht aussetzen, zumal sie vertraglich auf Kundenseite stehen.

Selbstbehalte als Kundenservice?

Einige Beispiele sollen zeigen, wo Risiken schlummern. Die Beispiele stammen aus verschiedenen persönlichen Beobachtungen. Inwieweit diese rechtlich relevant sind, müssen entsprechende Fachleute bewerten.

Manche Vermittler werben um Kunden, indem sie ihnen versprechen, im Schadenfall die Selbstbeteiligung einer Schadenversicherung zu übernehmen. Das soll zum Erwerb von günstigen Selbstbehaltstarifen animieren und als besonderer Service für treue Kunden angesehen werden. Abgesehen von dem kaufmännisch fragwürdigen Angebot stellt sich die Frage, ob ein Vermittler überhaupt ein versicherungstechnisches Risiko übernehmen darf, oder ob er sich damit selbst zum Versicherer macht ohne die entsprechende Erlaubnis zu besitzen.

Honorar, Provision - alles geht?
Rund um die Gestaltung von Vermittlungsvergütungen gibt es zahlreiche kreative Lösungen, die durchaus Risiken beinhalten. Dazu gehört beispielsweise doppeltes Kassieren von Provision/Courtage und Honorar beim Kunden. Ganz unabhängig von der rechtlichen Bewertung dürfte der Kunde entsetzt sein, wenn er im Nachhinein erfährt, dass der Makler doppelt abkassiert hat.

Auch Verrechnungslösungen sind problematisch, wenn ein Honorar berechnet, gleichzeitig aber Provision/Courtage bezogen und gegen die Honorarforderung aufgerechnet wird. Hier liegt nach wie vor ein Verstoß gegen das weiterhin gültige Provisionsabgabeverbot vor. Auch wenn die Aufsicht untätig bleibt, könnten sich Wettbewerber an diesem Verhalten stören und Unterlassung verlangen sowie die Reputation öffentlich in Frage stellen.

Schon ein Verdacht schadet der Reputation
Ebenfalls fragwürdig ist, je nach angebotenem Produkt flexibel zwischen den Vergütungsarten zu wechseln. Sollte dabei die Motivation im Vordergrund stehen, den Gewinn zu maximieren, beispielsweise bei provisionsschwachen Produkten Honorar und umgekehrt bei provisionsstarken Produkten die Provision/Courtage zu nehmen, gefährdet das ebenfalls die Reputation. Es reicht schon, wenn Kunden überhaupt nur den Eindruck haben, der Makler übervorteile sie.

Erfolgsabhängigkeit aufgeben?
Sehr häufig wird von Maklern moniert, dass sie Anfragen von Interessenten umsonst beantworten müssten, und überlegen dafür bereits ein Honorar zu verlangen. Ist es aber nicht mehr erfolgsabhängig, also nicht mit einem erfolgreichen Versicherungsabschluss verknüpft, verlässt der Makler den rechtlich noch eher unproblematischen Bereich der Honorarvermittlung und rutscht in die Honorarberatung im engeren Sinn.

Dann stellt sich jedoch die Frage, ob die Beratung als Rechtsdienstleistung einzuordnen ist, und ob das insbesondere bei Verbrauchern durch die Gewerbeerlaubnis abgedeckt ist. Allein die Tatsache, dass es hierzu von den Fachjuristen unterschiedlichste und eigentlich nie sehr einfache Antworten gibt, sollte Kaufleute stutzig machen.

Rechtssicherheit gibt es nicht auf einer Roadshow für umsonst
Offenkundig schlummern in der nicht erfolgsabhängigen Vergütungsgestaltung Rechtsrisiken und in jedem Fall auch Reputationsrisiken. Wer auf diesem glatten Parkett tanzen will, sollte sich sehr intensiv mit der Materie auseinandersetzen und es nicht dabei bewenden lassen, beispielsweise auf einer Maklerroadshow einen Anwalt "zwischen Tür und Angel" zu befragen und dessen unverbindliche Kurzauskunft als Rechtssicherheit zu interpretieren.

Insbesondere sollten Vermittler auch immer hinterfragen, mit welcher Motivation ihnen der Befragte antwortet. Tritt beispielsweise ein Rechtsanwalt bei solchen Veranstaltungen tatsächlich als Rechtsanwalt oder aber als Lobbyist, Verbandsrepräsentant oder Verkäufer ganz bestimmter Beratungsangebote? Das kann einen erheblichen Unterschied ausmachen.

Versicherungsteuerproblematik beachten
Nicht ganz unproblematisch ist schließlich das Thema Honorarvermittlung bei Schadenversicherungen. Hier lauert das latente Risiko, dass der Fiskus eine Nettoisierung als Umgehung der Versicherungsteuerpflicht ansieht.

Vermittler sollten deshalb auch hier kaufmännische Vorsicht walten lassen, um sich nicht am Ende mit Versicherer und Kunde streiten zu müssen, wer die nachgeforderte Versicherungsteuer zu bezahlen hat. Bekanntlich gibt es bei einem Streit mit dem Kunden ausschließlich Verlierer. Und der Streit mit dem Versicherer ähnelt meist doch eher einer Auseinandersetzung David gegen Goliath.

Bild: © bluedesign / Fotolia.com

Autor(en): Matthias Beenken

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