AVB: Hier herrscht der Bandwurmsatz

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Achtung unverständlich! Mit dieser Warnung müssten die meisten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) versehen sein, wie eine Studie zeigt. Lediglich fünf von 37 Versicherern heben sich hier positiv ab.

Es ist das vierte Mal, dass das Branchennetzwerk AMC und Communication Lab, ihre gemeinsame Verständlichkeitsstudie aufgelegt haben und das Ergebnis ist schlechter als bei der Erstuntersuchung 2013. "Die verschiedenen Projekte und Initiativen zur Verbesserung der Verständlichkeit in der Versicherungsbranche haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung in den Versicherungsbedingungen erzielt", lautet das negative Urteil.

Lange Sätze schrecken ab

Lange Wörter, Schachtelsätze, zu hohe Informationsdichte sind die Hauptkritikpunkte der Studienmacher. Bis auf wenige Ausnahmen seien sämtliche AVB von Sätzen mit mehr als 20 Wörtern geprägt. Zu Teil fänden sich Sätze mit 69, 88 oder sogar 116 Wörtern. Hier ein Beispiel:

"Erlangt der Versicherer unabhängig von einem Schadenfall Kenntnis von
Abweichungen im Sinne von Nr. 1 und Nr. 2, so hat der Versicherungsnehmer für die laufende Versicherungsperiode sowie maximal zwei vorhergehende Versicherungsperioden die Differenz der gezahlten Jahresbeiträge zu den bei betreffenden Angaben erforderlichen Jahresbeiträgen und die Differenz zwischen der vereinbarten Selbstbeteiligung und der Selbstbeteiligung, die vereinbart worden wäre, wenn die tatsächlichen Verhältnisse bei Vertragsabschluss dem Versicherer bekannt gewesen wären, nachzuzahlen.
(69 Wörter)"


Den Einwand, das in den AVB juristische Formulierungen benutzt werden, an denen nichts verändert werden dürfte, wollen die Experten nicht gelten lassen. Oliver Haug, Geschäftsführer von Communication Lab, betont, wie wichtig verständliche Kommunikation auf Augenhöhe mit den Kunden sei. Das gelte auch für die AVB, die ein Teil der Produktbeschreibung seien. "Da die Verständlichkeit von Versicherungsdokumenten bereits seit einigen Jahren öffentlich diskutiert und untersucht wird, erstaunt es umso mehr, dass die Ergebnisse auch jetzt mehrheitlich unbefriedigend sind. Dabei sind etliche der Verständlichkeitsbarrieren, wie beispielsweise lange und verschachtelte Kettensätze, hausgemacht und mit relativ einfachen Mitteln zu beheben." Ein verschachtelter Satz lasse sich leicht in mehrere eigenständige Sätze zerlegen.

Verhaltskodex verpflichtet zu verständlicher Sprache
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherer verpflichtet die Versicherer in seinem Verhaltenskodex zu verständlichen Produktdarstellungen. Dr. Frank Kersten, Geschäftsführer des AMC, weist daruf hin, dass die Branche hat sich durch den Verhaltenskodex dazu verpflichtet habe, dem Kunden die wesentlichen Merkmale des Versicherungsproduktes einfach und für ihn verständlich aufzuzeigen.

Einige, wenige Versicherer haben den Verständlichkeitscheck bestanden und stechen als leuchtende Beispiele hervor. Es handelt sich um die AVB der Allianz, Basler, DKV, Ergo sowie Huk 24. "Sie zeigen deutlich, dass auch in Versicherungsbedingungen eine verständliche Sprache möglich ist", heißt es.

Über die Studie:
Die teilnehmenden Unternehmen konnten aus jeder Produktgruppe die AVB eines Produktes einreichen. Insgesamt wurden 62 AVB von 37 Versicherern untersucht. Die Ergebnisse in den einzelnen Produktgruppen wurden in der Studie gerankt und gegenüberstellend verglichen. Untersucht wurden Dokumente folgender Versicherungsunternehmen: Aachen Münchener, Allianz, Arag, Axa, Barmenia, Basler, Canada Life, Cardif, Cosmos Direkt, Debeka, DEVK, Die Bayerische, DKV, Ergo, Ergo Direkt, Gothaer, Hannoversche, Hanse-Merkur, HDI, Helvetia, Huk 24, Inter, Interrisk, Janitos, LV 1871, LVM, Münchener Verein, Provinzial Rheinland, R+V, Signal Iduna, Sparkassenversicherung, Stuttgarter, Volkswohl Bund, Versicherungskammer Bayern, VPV, Provinzial Nord-West, Württembergische Versicherung, Zurich

Quelle: AMC

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Autor(en): versicherungsmagazin.de

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