BGH erweitert Gestaltungsspielraum unverheirateter Eltern

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Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich in einem aktuellen Urteil (XII ZB 693/14 vom 9. März 2016) mit der Leistungsfähigkeit eines zum Elternunterhalt verpflichteten Mannes. Die Entscheidung stärkt die Rechte unverheirateter Paare.

Der Vater des Mannes wird seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen Wohnung in Berlin betreut und bezieht Sozialhilfe. Das Land Berlin als Sozialhilfeträger verlangte von dem Sohn nach § 94 SGB XII ab Januar 2012 Elternunterhalt. Der Sohn lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und hat mit seiner Partnerin eine siebenjährige Tochter. Zwei minderjährige Kinder aus einer früheren Ehe der Lebensgefährtin leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt. Der Sohn verweigerte die Zahlung von aufgelaufenen 15.000 Euro mit dem Argument, dass er seine Familie versorge wie ein Ehemann. Er forderte, dass das niedrigere Einkommen seiner Partnerin bei der Berechnung zu seinen Gunsten berücksichtigt werden sollte.

Gerichte in Kelheim und Nürnberg folgten den Argumenten nicht
Das Amtsgericht Kelheim folgte diesem Argument nicht und verurteilte den Sohn zur Zahlung von rückständigem und laufendem Elternunterhalt. Dabei ging es unter anderem davon aus, dass sich der Antragsgegner nicht wie ein Verheirateter auf einen erhöhten Selbstbehalt (Familienselbstbehalt) berufen könne, weil er seiner Lebensgefährtin gegenüber nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts im Wesentlichen.

Der unter anderem für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das OLG Nürnberg zurück.

Elternbezogene Gründe sind zu berücksichtigen
Der BGH argumentierte, dass sich der Unterhaltspflichtige, auch wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt, nicht auf einen Familienselbstbehalt berufen könne. Eine eventuelle Unterhaltspflicht sei allerdings als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen.

Sei das gemeinsame Kind, wie hier, älter als drei Jahre, stehe dem betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB dann weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspreche. In diesem Fall seien elternbezogene Gründe zu berücksichtigen. Solche könnten bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreue und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Vaters sei hier nicht ersichtlich.

Quelle: BGH
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Autor(en): versicherungsmagazin.de

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