Die Macht der Sprache

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"Wenn das Geld schon weg ist, sollten die Herren den Aktionären wenigstens eine gescheite Begründung liefern" forderte vor 15 Jahren noch ein Anleger im "Manager Magazin". "Dax-Chefs reden durchweg Kauderwelsch", titelte ein Finanzmagazin noch vor drei Jahren.

Inzwischen hat sich die Rhetorik der Entscheider auf Vorstandsebene verbessert. Zu diesem Ergebnis kommt die Universität Hohenheim,  die seit 2012 Reden der Spitzenmanager deutscher Dax-Unternehmen untersucht. Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider und sein Team erforschen, wie verständlich die Vorstandsvorsitzenden der Dax-30-Unternehmen auf Hauptversammlungen mit Sprache umgehen und bewertet dies auf einer eigens geschaffenen Punkteskala.

Rhetorik verbesserte sich
Im Schnitt erreichen die Werte in diesem Jahr 14,4 Punkte auf einer Skala von 0 bis 20. Dies entspricht einer leichten Veränderung um 0,1 Punkte im Vergleich zum Vorjahr. Mit diesem Wert hat sich die formale Verständlichkeit zwar nur geringfügig verbessert. Allerdings nimmt die rhetorische Klarheit dabei zum fünften Mal in Folge zu. Dies sei sinnvoll für die Reputation der Manager, sagt Brettschneider. Der Auftritt des Spitzenmanagements bei der Präsentation der Quartalszahlen generiert oder reduziert Unternehmenswert und kann daher für Entscheidungen der Aktionäre und somit für den Aktienkurs entscheidend sein.

Auf den vorderen Plätzen haben sich Timotheus Höttgens (Telekom) mit 19,8 Punkten und Stephan Sturm (Fresenius SE) mit 19,8 Punkten und Frank Appel (Deutsche Post) mit 18,9 Punkten etabliert.

Die hinteren Plätze im CEO-Ranking belegen mit weniger als zehn Punkten Oliver Bäte (Allianz) mit 9,4 Punkten, Henkel-Chef Hans Van Bylen (Henkel) mit 8,9 Punkten und Aldo Belloni (Linde) mit 5,9 Punkten.

Auch die Verpackung ist wichtig
Gerade in den zahlenlastigeren Branchen, ist verständliche Sprache auf allen Führungsebenen geboten, wie Stefanie Etzel in ihrem Buch "Rhetorik für Finanz-Manager" erläutert. Im Kapitel "Reden und Antworten der Finanzwirtschaft im Fokus" hat sie sich mit dem öffentlichen Auftritt in der Finanzbranche befasst. "Es zählt nicht nur der Inhalt, sondern auch – und besonders – die Verpackung", sagt Etzel. Neben einer Bestandsaufnahme der Managerrhetorik in der Finanzbranche gibt sie dem Leser Tools an die Hand, um den Auftritt besser zu machen.

Auch wenn Reputation sich langfristig entwickelt, sei jeder Auftritt als Wettbewerbsfaktor anzusehen. Hierin liege ein "immenses Potenzial", sich im Markt abzugrenzen. Bei der Planung der reputationsbildenden Maßnahmen ist demnach zu berücksichtigen, dass die Meinungsbildung zwei wesentliche Einflüsse aufnimmt: Affektive Elemente sowie Werte.

Affektive Elemente suggerieren Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit. Indem ein Redner seine Werte kommuniziert vermittelt er, was er für richtig hält. Etzel argumentiert: "Wir kommen auf diese Weise zu Werturteilen über das Unternehmen, seine Produkte und die auftretenden Personen." Dabei ergebe sich das Gesamtbild über das Unternehmen und den individuellen Haltungen und Einstellungen der Person.

Klare Sprache macht noch keine gute Rede
Damit einhergehen müsse auch ein Wandel in der Haltung der Manager gegenüber ihrem Publikum. Sie müssten sich wegbewegen vom bloßen Informieren, hin zum Überzeugen und weg vom vollständigen Bericht, hin zur wirkungsvollen Performance. Aussagen müssen demzufolge pointierter und auf ein Ziel hin fokussiert werden. "Denken vom Ende her", nennt Etzel die Strategie anhand derer Manager die Zuhörerperspektive annehmen können, wenn sie Reden formulieren. Auf diese Weise können sie ihre Zielgruppe von Anfang an mit ihrer Rede abholen.

Doch klare Sprache macht noch keine gute Rede, wie Etzel hervorhebt. Guter Sprechstil brauche Höhen und Tiefen. Auch das Experiment mit Worten müssten Manager wagen, um sich Gehör zu verschaffen. Adjektive hätten zwar einen "schlechten Ruf", doch wer Adverbien verwende und diese für sich allein stehen lasse, verstärke die rhetorische Wirkung. Nur wenn Manager beginnen würden, die richtigen Stellhebel zu bewegen, treten sie aus dem Experten-Modus heraus und erreichen den Executive-Modus.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Springer Professional erschienen.

Autor(en): Corina Socaciu

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