Einigung bei Aufsichtsübertragung in Sicht

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Der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums, dass die BaFin die Finanzanlagenvermittler und -berater beaufsichtigen soll, ist auf nahezu einhellige Kritik der befragten Verbände gestoßen. Vor allem die beabsichtigte Vereinheitlichung und Qualitätssteigerung werden bezweifelt.

Kurz vor Weihnachten erschien der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) für ein "Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht". Danach sollen die je nach Bundesland zuständigen Industrie- und Handelskammern (IHKn) oder Gewerbeämter sowie die Wirtschaftsprüfer als Instanzen für Erlaubniserteilung, Registrierung und laufende Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgelöst werden.

Noch stärker zersplitterte Aufsicht

Das BMF will damit eine Aussage aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, wonach die Aufsicht schrittweise auf die BaFin übertragen werden soll. Als Ziele werden eine Vereinheitlichung der zersplitterten Aufsicht sowie eine Qualitätssteigerung genannt.

Ergebnis könnte sein, dass künftig Vermittler und Berater, die in verschiedenen Finanzdienstleistungsbereichen unterwegs sind, die BaFin als weitere Erlaubnisbehörde hinzugewinnen. Denn für die Versicherungsvermittlung bleiben die IHKn sowie für die Immobiliardarlehensvermittlung ebenfalls nach Bundesland unterschiedlich IHKn und Gewerbeämter zuständig. Zudem ist eine erhebliche Kostensteigerung für die Betroffenen zu erwarten, was wiederum die Attraktivität der Finanzanlagenvermittlung senkt und Betriebsaufgaben zur Folge haben kann.

Kompromiss-Suche in der GroKo

Um eine weitere Belastung der Großen Koalition zu vermeiden, gibt es nun eine intensive Suche nach Alternativen. Wie aus gewöhnlich schlecht informierten Kreisen verlautete, soll ein Gesichtsverlust des SPD-geführten BMF ebenso vermieden werden wie ein Vorwurf an die Unionsparteien, mittelstandsfeindliche Politik zu unterstützen.

Am Rande einer Kölner Karnevalssitzung trafen sich daher führende Bundes- und Landespolitiker sowie weitere Fachleute, um Aufsichtssysteme zu prüfen, die für alle Finanzdienstleistungsvermittler und -berater einheitlich verwendet und akzeptiert werden könnten. Auch wenn striktes Stillschweigen über die erwogenen Vorschläge vereinbart wurde, wurden doch einige Details durchgestochen.

Erfahrung mit Punktekonten

So brachte ein schleswig-holsteinischer Landespolitiker den Vorschlag ein, die Kompetenz des Kraftfahrt-Bundesamtes zu nutzen. Eine interne Erhebung habe ergeben, dass sehr viele der derzeit rund 38.000 Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater dort bereits ein Konto unterhalten und darauf fleißig Punkte sammeln. Damit sei zumindest die regelmäßige Weiterbildung bereits gut dokumentiert. Auch sei die Behörde sehr erfahren in der Zulassung und Registrierung der Betroffenen oder den anschließenden Sanktionierungen bei einem von der Norm abweichenden Punktesammelverhalten.

Dem Vernehmen nach setzte sich dieser Vorschlag allerdings nicht durch, weil süd- und westdeutsche Abgeordnete einen zu starken Bedeutungsgewinn der Stadt Flensburg ablehnten. Nordrhein-Westfalen steuerte offenbar zunächst den Vorschlag bei, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn zur Aufsichtsbehörde zu erklären.

Zivilschutz bevorzugt

Zu den Kernkompetenzen dieser Behörde gehören Krisen- sowie Risikomanagement, Notfallplanung und Zivilschutz. Finanzkrisen würden zwar eigentlich nicht von Finanzanlagenvermittlern verursacht, aber einen Zivilschutz vor zu viel kompetenter Geldanlage- und Vorsorgeberatung zu organisieren sei durchaus wichtig, meinten jedenfalls die anwesenden Vertreter der Banken und Sparkassen. Denn sonst würden die negativ verzinsten Sichteinlagen auf Spar- und Tagesgeldkonten zu rasch abnehmen. Diesen Gesichtsverlust würde man gerne vermeiden.

Von vornherein aussichtlos war allerdings ein Vorschlag der Bundeshauptstadt Berlin, ihr Deutsches Archäologisches Institut ins Rennen zu bringen, das immerhin zum Einflussbereich des Bundesaußenministers und damit eines SPD-Kollegen des Bundesfinanzministers gehört. Die Begründung, dass die Finanzanlagenvermittler bei der Unterstellung unter eine zentralistische Bundesbehörde ohnehin aussterben und anschließend nur noch für archäologische Forschungen von Interesse sind, wurden doch als etwas zu pessimistisch zurückgewiesen.

Nähe zur Organisierten Kriminalität befürchtet

Im weiteren Verlauf der Beratungen positionierten sich noch einmal die Bundesländer, diesmal mit einem abgestimmten gemeinsamen Vorstoß unter der Leitung des Freistaats Bayern. Die Bundesländer forderten offenbar recht lautstark, die Landeskriminalämter zu den neuen Aufsichtsbehörden über die gesamte Vermittlerschaft zu erklären.

Immerhin wiesen die systematische Beratung und der Verkauf von Illusionen auf künftigen Reichtum und sichere Renten durchaus Parallelen zur Organisierten Kriminalität auf. Auch die Tatsache, dass viele Vermittler und Berater sich gleich mehrerer Erlaubnisse nach den §§ 34c, 34d, 34f, 34h und 34i Gewerbeordnung bemächtigt hätten, gebe Anlass zum Verdacht auf Clan-Strukturen, die endlich einmal näher ausgeleuchtet werden müssten. 

Kompromissvorschlag dürfte durchkommen

Inzwischen zeichnet sich aber ein Kompromiss zwischen diesen doch sehr divergenten Positionen ab: Berichten zufolge soll es nun eine Kölner Behörde richten, nämlich das Zollkriminalamt. Dessen Hauptaufgabe, die von Wikipedia mit "Verfolgung und Verhütung der mittleren, schweren und organisierten Zollkriminalität" umschrieben wird, soll in dem überarbeiteten Referentenentwurf erweitert werden um die "Verfolgung und Verhütung der mittleren, schweren und organisierten Finanzdienstleistungserbringung und -beratung".

Damit werden insbesondere Verbraucherschützer zu überzeugen sein, die einen allzu aggressiven Aufbau von Vermögen und Altersvorsorge beklagen. Andererseits trägt der Vorschlag auch den Bedenken gegen eine übermäßige Kriminalisierung des Berufsstands Rechnung, zumal die betroffenen Vermittler und Berater nun die Chance bekommen, einfach nach dem nächsten Auslandsurlaub nicht mehr einzureisen und damit auch keinen Repressalien einer Zollbehörde unterworfen zu werden.

Der Entwurfstext des überarbeiteten Referentenentwurfs steht nur in der fünften Jahreszeit auf einem nicht freigeschalteten, Kölner Server zum Download zur Verfügung. Für alle Leserinnen und Leser, die heute in der Karnevalsdiaspora arbeiten müssen, der ausdrückliche Hinweis, dass möglicherweise nicht alle Informationen in diesem Artikel vollständig der Wahrheit entsprechen könnten. Alaaf und Helau!

Autor(en): Matthias Beenken

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