FDP-Führungsspitze und PKV-Verband kritisieren CDU/CSU-Gesundheitskompromiss

Die FDP und der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV- Verband) haben den CDU/CSU Gesundheitskompromiss jetzt stark kritisiert. Für FDP-Parteichef Westerwelle ist der Kompromiss kein „Horizont am Himmel“ und schon gar nicht ein „Lichtblick für das deutsche Gesundheitswesen“, mit seiner großen Zukunft für alle Heil- und Pflegeberufe und damit großen Beschäftigungschancen. Vier Millionen Beschäftigte und ein Umsatz von 250 Milliarden Euro, alleine im Jahre 2002, sind im Gesundheitsmarkt erst der Anfang.

Nach Auffassung des PKV-Verband sind und bleiben die großen Herausforderungen an unserem Gesundheitswesen die fehlende Generationengerechtigkeit in der GKV, die überproportionalen Kostensteigerungen und vor allem die Lohnnebenkostenanbindung.

Der CDU/CSU-Kompromiss schafft aber lediglich eine Lösung für die Lohnnebenkostenanbindung. Alle anderen Probleme bleiben ungelöst. Dafür würden insbesondere mit der Beitragserhebung und der Verwaltung des Sondervermögens neue Probleme geschaffen.

Insbesondere wird der Kompromiss nicht verhindern können, dass die Gesundheitsprämie in Zukunft erheblich steigen wird. Denn ohne demographische Vorsorge wie in der PKV ist eine Stabilisierung der Prämie nicht zu erwarten.

Mit dem Kompromiss ist kein Lichtblick bei der Bewältigung der großen gesundheitspolitischen Probleme erkennbar. Denn um den erforderlichen sozialen Ausgleich zu finanzieren, wird der Staat zu immer stärkeren Transferleistungen veranlasst werden. Mittelfristig droht eine partielle Steuerfinanzierung unseres Gesundheitswesens. Der gesundheitspolitische Grundkonsens, den Staat aus der Finanzierung und damit der direkten Einflussnahme auf das Gesundheitswesen herauszuhalten, würde aufgegeben werden. Schließlich verzerrt die Gesundheitsprämie den Wettbewerb zwischen PKV und GKV, wenn die Privatversicherten weiterhin zur überproportionalen Finanzierung von Gesundheitsleistungen herangezogen werden sollten. Wenn die Einkommensumverteilung aus der GKV herausgenommen wird, dann entfällt die Rechtfertigung für diese Zusatzleistung der Privatversicherten.

„Der Kompromiss leistet zwar die Abkoppelung der Lohnkosten von den künftig überproportional steigenden Gesundheitskosten, ansonsten wird aber kein wirkliches Problem wie z. B. die fehlende Generationengerechtigkeit gelöst. Dafür werden mit der wachsenden Bürokratie neue Probleme geschaffen und es entstehen Wettbewerbsverzerrungen zwischen PKV und GKV“, so Verbandsdirektor Volker Leienbach.

Auch FDP-Chef Guido Westwelle kritisiert das CDU/CSU Gesundheitskonzept scharf. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt hat er erneut darauf hingewiesen, dass CDU und CSU mit ihrem "Durcheinander" in wichtigen Reformfragen die Ablösung der rot-grünen Regierung gefährden. "Ich bin enttäuscht über das, was als Kompromisslinie durchgedrungen ist", erklärte Westerwelle dem Blatt zum unionsinternen Streit und einem möglichen Kompromiss zu einer Gesundheitsreform. Westerwelle warb zugleich für das liberale Gesundheitsmodell mit echter Wahlfreiheit und einer Pflicht zur Versicherung, das die FDP am vergangenen Mittwoch auf einem Gesundheitskongress mit Experten aus dem Zukunftsmarkt Gesundheitswesen und der Versicherungswirtschaft diskutiert hat.

Nur die FDP habe ein klares Konzept, um unser Gesundheitssystem endlich demographie- und zukunftsfest zu machen, sagte Westerwelle.

Was die Union inhaltlich miteinander bespricht, betreffe die FDP nur begrenzt. Aber in dem Moment, wo das Durcheinander bei den Unionsparteien die Ablösung von Rot-Grün. übrigens auch schon nächstes Jahr bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gefährde, werde er als Parteivorsitzender der FDP dazu „sein Wort“ machen. Er hält es für erforderlich, dass die Union zügig ihre offenen Fragen beantwortet.

Der Gesundheitskompromiss der CDU/CSU sei mehr der Harmonie zwischen den Unionsparteien geschuldet als der Sache. Es sei ein schlechter Kompromiss, der nur bürokratisch ist, aber keinen Neuanfang bedeutet. Die Vorstellung, man müsste auf Steuersenkungen verzichten, um das Gesundheitssystem mit mehr Eigenverantwortung ausbauen zu können, sei genau falsch herum gedacht. Gerade, wenn man mehr Eigenverantwortung von den Bürgern verlange, sei die Gesundheitspolitik gleichzeitig verpflichtet, durch Steuersenkungs- und Steuervereinfachungspolitik zum Beispiel für Familien den nötigen finanziellen Spielraum für mehr Eigenverantwortung zu schaffen. Weder eine Bürgerversicherung noch der bürokratische Kompromiss der Unionsparteien überzeugten. Beide Modelle gäben keine Antwort auf die Probleme, die sich aus der veränderten Altersstruktur der Gesellschaft ergeben.

Die FDP schlägt deshalb einen dritten Weg vor. Sie will die monopolartige gesetzliche Krankenversicherungspflicht durch echte Wahlfreiheit und eine Pflicht zur Versicherung ersetzen. Sie will im Gegensatz zur CDU/CSU ein Volk von Privatversicherten mit Versicherungen, die sich echtem Wettbewerb stellen müssen. Denn überall da, wo kollektive Zwangssysteme das Sagen haben, gibt es die bekannten Effizienzverluste. Überall da, wo Wettbewerb fehlt, sind Leistungen schlecht oder teuer. Deshalb setzt sich die FDP für mehr Wahlfreiheit und damit mehr Wettbewerb im „Zukunftsmarkt Gesundheitssystem“ ein.

Jeder Krankenversicherer soll nach dem Modell der FDP einen Basistarif anbieten, auf den jeder Bürger Anspruch hat. Jedem Bürger bleibt es bei dem FDP-Modell darüber hinaus selbst überlassen, ob er zusätzlich auf eigene Kosten Sonderleistungen versichern möchte oder bereit ist, wie bei anderen privaten Krankenversicherungen auch, einen Selbstbehalt zu vereinbaren, der dann zu einem geringeren Beitrag führen kann.

Das vollständige Interview finden interessierte Leser unter

Autor(en): Helmut Zermin

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