Kundenverhalten verstehen, höhere Prämien einstreichen

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Versicherer verzichten auf zusätzlichen Umsatz, weil sie die Methoden der Verhaltensökonomik oder Behavioral Economics im Verkauf nicht berücksichtigen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Beratungshauses Simon-Kucher & Partners.

Was in Branchen wie der Konsumgüterindustrie oder bei Dienstleistern üblich ist, spielt in der Assekuranz nur eine marginale Rolle: Die standardmäßige Anwendung von Behavioral Economics im Verkauf. In einer Studie hat die globale Marketing- und Vertriebsberatung Simon-Kucher & Partners zwölf Behavioral Economics-Effekte vorgestellt und überprüft, ob auch Versicherer diese einsetzen. Das Ergebnis ernüchtert: Behavioral Economics spielt in den Verkaufsprozessen der Versicherer aktuell quasi keine Rolle.

Neue, wirksame Effekte werden nicht genutzt
Demnach hat nur jeder zehnte Versicherer Behavioral Economics systematisch verankert (Nutzung von acht oder mehr Effekten). Hingegen nutzen 67 Prozent höchstens drei Effekte und 40 Prozent maximal zwei. Hier ist die Anwendung eher zufällig. Die von den Versicherern genutzten Effekte sind laut den Experten "Schnee-von gestern", wie das Kleinrechnen von Preisen, die Nutzung preis-psychologischer Schwellen oder die Verwendung von Bildern. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob die Unternehmen einen hohen Anteil am Verkauf über die eigene Homepage generierten oder nicht.

"Dass Behavioral Economics bei Versicherungskunden wirkt, konnten wir schon in anderen Studien nachweisen", erläuterte Dr. Dirk Schmidt-Gallas, Member of the Board bei Simon-Kucher. Die Nutzung der Verhaltensökonomik sei kein vorübergehender Trend, sondern treibe langfristig Gewinne.

Positive Beispiele aus dem Ausland
Die Studienmacher sind sich sicher: Das Potenzial sei sowohl online als auch offline riesig. Eine höhere Durchschnittsprämie von 15 bis 20 Prozent ohne Stückverlust sowie ein höherer Gewinn durch den Verkauf margenträchtiger Produktbausteine winke den Versicherern, die sich auf die Methoden der Behavioral Economics einliessen. Positive Beispiele gebe es etwa in Skandinavien, Spanien, den USA oder Neuseeland.

"Unsere Projekte und Studien zeigen: Behavioral Economics funktionieren eben nicht nur bei Konsumgütern oder Dienstleistungen, sondern genauso gut bei Versicherungen."

Simon-Kucher-Studie: Behavioral Economics in der Versicherung

Um höhere Prämien zu erreichen, müssten die Versicherer einiges tun. Alles was der Kunde zu Gesicht bekomme, egal ob Online-Auftritt, Broschüren, Briefe, Beitragsanpassungsschreiben, müsse konsequent und systematisch an Behavioral Economics ausgerichtet werden. Die Königsdisziplin sei die Anwendung im Verkauf. "Man muss den Kunden mitnehmen und Gefühl erzeugen, dass er eine für ihn passende Lösung kauft", so Schmidt-Gallas.

Vom Beraten zum Verkaufen
Im klassischen Vertrieb sei der Beratungsansatz mittlerweile in jedem Haus systematisiert, der Übergang zum Verkaufen jedoch noch holprig oder gar nicht vorhanden. Gerade durchschnittliche Vermittler müssten befähigt werden, ein hochwertiges Produkt zum bestmöglichen Preis zu verkaufen. "Dazu müssen sich die Verkaufsprozesse ändern: elektronisch verankern, richtig darstellen und mit Behavioral Economics-Effekten spicken sowie Zäune gegen ungezügelten Rabatteinsatz errichten. So setzt man aufs richtige Pferd", lautet Schmidt-Gallas Rezept.

Behavioral Economics beschäftigt sich mit der Frage, wie Unternehmen
verhaltenswissenschaftliche Erkentnisse nutzen können, um höherwertig
verkaufen zu können. Die Studienmacher haben folgende Effekte
identifiziert:

  • Individuelle Kundenberatung
  • Endownment-Effekt
  • Irrelevante Alternative
  • Richtige Reiehnfolge der Produktalternativen
  • Bestseller-Sticker
  • Nutzendarstellung mit Bildern
  • Completeness-Indikator
  • Voreinstellung
  • Trennng preissteigender und preissenkender Elemente
  • Kleinrechnen von Preisen
  • Tipp-Sticker
  • Preispsychologische Schwellen


Quelle: Simon-Kucher & Partners
Bildquelle: © mrspopman / Fotolia.com

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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