Neue Bertelsmann-Studie stößt PKV-Verband sauer auf

740px 535px

„Privatpatienten haben ein höheres Einkommen und sind gesünder“ behauptet die Bertelsmann Stiftung. Daher könnten durch eine Einheitskrankenversicherung mehr Beiträge eingenommen werden und die Last für alle gesenkt werden. Der Verband der privaten Krankenversicherer (PKV) hält energisch dagegen.

Ein Faktencheck, der sich direkt mit den in der Studie "Geteilter Krankenversicherungsmarkt" erhobenen Daten beschäftigt, widerlegt viele der in der Kurzfassung „Spotlight Gesundheit“ veröffentlichten Aussagen. So basiere die Behauptung, dass Privatpatienten gesünder als gesetzliche Versicherte seien, auf „unsicheren Befragungsdaten einer Selbstauskunft“. Bezogen auf konkrete Krankheitsbilder gebe es kaum Unterschiede zwischen der GKV und der PKV, wie eine Tabelle in der Studie zeige. „Bei Erkrankungen wie Krebs, Bluthochdruck und Demenz liegt der Anteil der konkret betroffenen Versicherten in der PKV sogar höher als in der GKV“, so der Verband.

PKV-Mehrumsatz doppelt so hoch

Gleichzeitig verweist die Berliner Lobby darauf, dass Privatpatienten in großen Umfang für zusätzliche Honorare der Ärzte sorgen würden. Dies bestätigt die Bertelsmann-Studie. So reduziere sich der jährliche Sparvorteil von 145 Euro für jeden Versicherten auf 48 Euro, wenn der PKV-Mehrumsatz ausgeglichen würde. Nach Darstellung des PKV-Verbandes hat aber die Studie – die auf Zahlen des Jahres 2016 basiert – lediglich den Mehrumsatz für die ambulante ärztliche Versorgung berücksichtigt.

Demgegenüber liegt nach Angaben des PKV-Verbandes aber der tatsächliche Mehrumsatz der PKV doppelt so hoch. 6,77 Milliarden Euro Mehrumsatz für Krankenhäuser, Hebammen oder Physiotherapeuten hätten die Autoren nicht berücksichtigt. „Wenn also dem Gesundheitssystem keine Mittel entzogen werden sollen, dreht der Beitragseffekt nach der Bertelsmann-Rechnung sogar ins Minus – die gesetzlich Versicherten müssen draufzahlen“, stellt der PKV-Verband fest.

GKV-Probleme nicht thematisiert

Überraschend ist nach Meinung des Verbandes auch, dass die Studie die demografische Herausforderung, vor der die GKV steht, nicht thematisiert. So sei es längst absehbar, dass die Umlagefinanzierung künftig mit hohen Problemen zu kämpfen habe. Es müssten immer höhere Gesundheitskosten für immer mehr Alte bei gleichzeitig immer weniger erwerbstätigen Beitragszahlern finanziert werden. Demgegenüber hätte die PKV kapitalgedeckte Alterungsrückstellungen in einer Höhe von inzwischen mehr als 270 Milliarden Euro aufgebaut, die künftig zu einer wichtigen Säule der Finanzierung des Gesundheitswesens beitragen würden.

Vollkommen unrealistisches Szenario

„Die Bertelsmann-Studie ist ein Rechenexempel im luftleeren Raum“, sagt PKV-Direktor Florian Reuther. Sie gehe von dem Szenario aus, dass alle rund 8,7 Millionen Privatversicherten auf einen Schlag zwangsweise in eine GKV-Einheitsversicherung umgesiedelt würden. „Dieses Szenario ist vollständig unrealistisch und klar verfassungswidrig: Das Grundgesetz schützt sowohl das Recht der Versicherten auf Vertragsfreiheit als auch die Grundrechte der Versicherungsunternehmen“, so der PKV-Verband. Dieser verfassungsrechtliche Bestandsschutz werde in der Regel auch von Befürwortern einer „Bürgerversicherung“ ausdrücklich anerkannt.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Zum Themenspecial "PKV"

 

Alle Branche News