Outsourcing der internen "schwarzen Liste"

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) will die seit längerem umstrittene interne "schwarze Liste" über Versicherungskunden einem externen Dienstleister mit Auskunftei-Erfahrung übertragen. Datenschützer beäugen das bereits 1993 erarbeitete "Hinweis- und Informationssystem" (HIS) beim GDV längst sehr kritisch. Von Externen erwarte man eine neutrale und vorurteilsfreie Bearbeitung.

Erst seit dem Frühjahr 2009 können Versicherungskunden Informationen darüber erhalten, ob und in welcher Weise sie im „HIS“ erfasst worden sind. Lange Jahre wusste niemand außerhalb eines speziellen GDV-Fachgremiums so recht, was es mit dem „HIS Hinweis- und Informationssystem“ auf sich hat. Den Begriff „interne schwarze Liste", hört man beim GDV nicht gern. Nun soll dem Drängen der Datenschützer nachgegeben werden und Zeitungsberichten zufolge die im „HIS“ gespeicherten sensiblen Dateien bei der Bertelsmann-Tochter Arvato Infoscore ausgelagert werden.

Für Outsourcing an externen Dienstleister entschieden
Eine Reform des Systems habe ohnehin für das Jahr 2011 angestanden, heißt es beim GDV. Jetzt habe man sich frühzeitig für das Outsourcing an einen externen Dienstleister entschieden. Auf jeden Fall werde man aber auch ab 2011 bei konkret für das HIS erfassten Fällen die Risikoprüfung und die Betrugsabwehr getrennt vornehmen. Damit soll den Kritikern entsprochen werden, die spartenübergreifende Verdachtsfälle getrennt behandelt wissen wollen. Im kommenden Jahr also würden HIS-Spezialisten beim Antrag auf eine Versicherung nicht mehr prüfen, ob der Kunde bereits in einer anderen Versicherungssparte unangenehm aufgefallen sei.

Bei dem Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft handelt es sich dem Vernehmen nach um eine gemeinsame Warn- und Hinweisdatenbank aller Versicherer, die Mitglied im GDV sind. Hier werden die Daten der Versicherungsnehmer, aber auch von Nichtversicherten, gespeichert, die während der Antragsarbeitung oder später im Leistungsfall in den vergangenen Jahren Anlass zu Verdachtsmomenten wegen nicht rechtmäßigem Handeln gegeben haben sollen.

Aufdeckung und Prävention von Versicherungsbetrug
Derzeit werden im HIS 9,5 Millionen Einträge über solche Vorkommnisse der Versicherungsnehmer gespeichert. Dabei beziehen sich circa fünf Millionen Einträge auf Vorfälle in der Kraftfahrzeug-Versicherung und mehr als vier Millionen auf Personen-Versicherungen.

Erst vor zwei Wochen hat der GDV erneut darauf hingewiesen, dass HIS im Interesse der Versicherungskunden der Aufdeckung und Prävention von Versicherungsbetrug und –missbrauch sowie der begleitenden Risikoprüfung diene. Man habe dieses Infosystem in enger Abstimmung mit Datenschutzbehörden erarbeitet. Um das System zukünftig noch verbraucherfreundlicher und transparenter zu gestalten, werde derzeit an einer Online-Version gearbeitet.

Anfrage-Prozedur in der Praxis sehr kompliziert
Der GDV-Hinweis, dass sich Interessierte jederzeit erkundigen können, ob ein Eintrag über sie vorliege, wird von Kritikern mit Häme gesehen. Auf einen Einblick in Einträge über die eigene Person gebe es nämlich keinen zwingenden Anspruch, zudem sei die Anfrage-Prozedur in der Praxis sehr kompliziert. Letztendlich sei HIS aus datenschutzrechtlichen Erwägungen gesetzeswidrig.

Beim GDV bleibt man dagegen dabei, dass der persönliche Einblick betroffener Versicherungsnehmer ins HIS möglich sei. Man habe zu diesem Zweck jetzt eigens eine zentrale Stelle eingerichtet. Betroffene sollten ihre Anfrage - inklusive einer Kopie des Personalausweises mit Vor- und Rückseite - postalisch an den GDV richten. Anfragen per Fax und E-Mails werden nicht akzeptiert.

Autor(en): Ellen Bocquel

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