Regelungen im Pflegegesetz stoßen dem Bundesrat sauer auf

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Das dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) der Bundesregierung muss nach Ansicht des Bundesrates an zentralen Stellen verändert werden. So seien die geplanten Änderungen und Leistungsausweitungen mit erheblichen Mehrausgaben für die Kommunen als Träger der Sozialhilfe verbunden, heißt es in der Stellungnahme der Länderkammer zu dem Gesetzentwurf.

Der Bund habe bereits mit dem PSG II einseitig Entlastungen in der Sozialhilfe berechnet. Dies werde nun wiederholt. Daher müsse eine Evaluations- und Kostenausgleichsklausel zugunsten der Kommunen in das Gesetz aufgenommen werden.
Der Gesetzentwurf enthalte auch keine eindeutigen Regelungen zur Klärung der Schnittstellen zwischen Leistungen der Pflegeversicherung, Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für Behinderte. Die vorgesehenen Regelungen verschärften das Schnittstellenproblem, führten zu erheblichen neuen Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten und seien in der Praxis nicht umsetzbar.

Problem: Viel zu kleines Zeitfenster
Auch das Zeitfenster für die geplante Umsetzung der Regelungen mit Jahresbeginn 2017 sei zu klein. So hätten die Träger der Sozialhilfe keine ausreichende Vorlaufzeit, um die erforderlichen Änderungen in den Verwaltungsabläufen und bei der Qualifizierung der Pflegefachkräfte und des Verwaltungspersonals rechtzeitig vorzunehmen.

Die Bundesregierung erwidert, die Kostenschätzungen seien in den Gesetzesbegründungen für das PSG II und das PSG III ausführlich und transparent dargelegt. Durch die Wirkung beider Gesetze ergebe sich in der Summe eine Entlastung der Träger der Sozialhilfe.
Zur Schnittstellenproblematik erwidert die Regierung, die Eingliederungshilfe bleibe für Menschen mit Behinderungen zuständig. Dennoch beteilige sich die Pflegeversicherung mit einem begrenzten Zuschuss und leiste damit einen Beitrag zu den Aufgaben der Eingliederunghilfe.

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff soll eingeführt werden
Die Gesetzesnovelle basiert auf Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe und soll Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen eine Beratung aus einer Hand ermöglichen. Mit dem PSG III soll nun die kommunale Steuerungs- und Planungskompetenz für die regionale Pflegestruktur gestärkt werden.
Dem Entwurf zufolge soll auch im Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII/Sozialhilfe) der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden, um sicherzustellen, dass finanziell Bedürftige im Pflegefall angemessen versorgt werden. Schließlich sollen mit der Vorlage auch Abgrenzungsfragen zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflegeversicherung beziehungsweise Hilfe zur Pflege geregelt werden

Neue Beratungsstrukturen erproben
Kommunen werden besser am Auf- und Ausbau niedrigschwelliger Angebote beteiligt. Die Finanzierungsbeteiligung beim Auf- und Ausbau dieser wichtigen Unterstützungsangebote
wird vereinfacht. Um Kommunen stärker in die Strukturen der Pflege verantwortlich einzubinden,
werden im Bereich der Pflegeberatung verschiedene Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe umgesetzt. Insbesondere werden zur Erprobung neuer Beratungsstrukturen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass unterschiedliche Modelle zur Verbesserung von Koordinierung und Kooperation bei der Beratung von Bürgern bezüglich der Pflegebedürftigkeit entwickelt und getestet werden können.

Ferner erhalten die Kommunen im Rahmen der landesrechtlichen Regelungen fürdie Dauer von fünf Jahren ein Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten. Schließlich werden verpflichtend Rahmenvereinbarungen auf Landesebene zur Arbeit und zur Finanzierung von Pflegestützpunkten bei der Beratung von pflegebedürftigen Menschen eingeführt.

Im SGB XII wird die an die Sozialhilfeträger gerichtete Verpflichtung zur Kooperation insbesondere mit Blick auf die Pflegekassen präzisiert und wird die Altenhilfe nach § 71 SGB XII präzisiert.

So sieht die Läderkammer die Situation: Die Länder begrüßen zwar, dass der eingeleitete Paradigmenwechsel mit der Teilhabeorientierung in der Pflege nun auch in der Sozialhilfe Eingang findet und pflegebedürftige Menschen mit Einschränkungen in der Alltagskompetenz einbezogen werden. Die Leistungsausweitungen sind nach Ansicht der Länder allerdings mit erheblichen Mehrausgaben für die Kommunen als Träger der Sozialhilfe verbunden. Nach Ansicht der Länder habe der Bund bereits mit dem PSG II einseitig - und von den Ländern ausdrücklich bezweifelt - Entlastungen in der Sozialhilfe berechnet, die weder konkret dargelegt noch nachvollziehbar dargestellt worden seien.

Kommunen befürchten nicht tragbare Kosten
Auch der den Trägern der Sozialhilfe entstehende zusätzliche enorme Erfüllungsaufwand mit absehbaren Verwaltungsmehrkosten werde vom Bund nur rudimentär berücksichtigt. Die vom Bund prognostizierte Entlastung der Träger der Sozialhilfe könne daher nicht als gesichert angesehen werden.
Aufgrund der beabsichtigen Leistungsausweitungen und Erweiterung des Personenkreises der Leistungsberechtigten entstehe für die Kommunen damit ein großes Kostenrisiko. Vor dem Hintergrund der enormen finanziellen Belastungen der Kommunen, vor allem im Bereich der Soziallasten, dürften bei Kommunen und Ländern jedoch keine weiteren Mehrausgaben entstehen.

Textquelle: Deutscher Bundestag; Bildquelle: © Oliver Berg / dpa

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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