Standardisierte Finanzanalyse: Ultimative Lösung für Berater, Versicherer und Verbraucher?

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Die Zauberformel für die transparente, nachvollziehbare und vergleichbare Finanzanalyse für den Privathaushalt scheint gefunden. Ihr Name: DIN SPEC 77222. Die „Erfinder“ dieses Regelwerks: Die Heidelberger Gesellschaft für Finanznorm, kurz Defíno. Ein ambinioniertes Projekt, mit rund sieben Jahren Planungsphase, einem starken Partner und diversen Vorsätzen.

„Eine ganzheitliche Beratung für Normalverdiener ist immer weniger möglich. Aktuell erhalten schon nahezu 80 Prozent der Kunden keine derartig kompakte Beratung mehr. Doch wir sollten in Deutschland auf jeden Fall britische Verhältnisse verhindern, in denen nur noch gut situierte Bürger eine adäquate Versorgung erhalten“, kommentierte Dr. Klaus Möller, einer der Ideenlieferanten von Defino, kürzlich in Frankfurt die deutsche Beratungslandschaft kritisch. „Doch eine ganzheitliche Beratung für den deutschen Durchschnittsverdiener muss erschwinglich sein und bleiben. Und damit dies gelingt, haben wir uns als Gesellschaft für Finanznorm zum Ziel gesetzt, allgemeingültige und verbindliche Standards und Normen für die Finanzberatung zu begründen und zu etablieren“, konkretisierte Möller, die Intention seines Hauses.

Initiative von Wissenschaftlern, Finanzberatern und Verbrauchervertretern
Initialzündung für dieses Regelwerk war nach Aussage der Defino-Initiatoren die Kritik vieler Verbraucher und Verbraucherschützer, dass die deutsche Beratungspraxis zu einseitig, zu stark auf einzelne Produktkategorien fokussiert ist und eher die Interessen der Anbieter von Finanz- und Versicherungsprodukten im Blick hat.

So haben sich schon 2007 diverse Wissenschaftler, Finanzberater und Vertreter der Verbraucherseite zusammengefunden, um ein Regelwerk zu schaffen, das die finanzielle Situation der Privathaushalte fundiert untersucht, um diesen dann adäquate Unterstützung und Produkte im Bereich Absicherung von Sach- und Vermögensrisiken, Vorsorge (von biometrischen Risiken) und Vermögensplanung zu liefern.
Für dieses Regelwerk werden zahlreiche Haushaltsmerkmale abgefragt wie der Familienstand, das Einkommen, die vorhandenen Geld-/Vermögensanlagen, die wirtschaftliche Tätigkeit, Hobbys, die Zahl der wirtschaftlich abhängigen Personen im Haushalt, das Alter der Haushaltsmitglieder, die vorhandenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte sowie die finanziellen Ziele und Wünsche.

Damit aus dem Standard eine Norm wird
Defino arbeitet bei seinem Standardisierungsprojekt eng mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) aus Berlin zusammen, an dessen Ende aus dem Standard DIN SPEC 77222 auch eine DIN-Norm werden soll. Das heißt: Defino hat das Projekt ins Leben gerufen, Planung und Management des Projekts liegt beim DIN.

Damit aus dem Standard aber eine Norm werden kann, sind zusätzliche Anforderungen notwendig. Dazu gehören unter anderem, dass alle an dem Thema interessierten Kreise, in diesem Fall auch die Verbraucher, eingebunden werden und den Norm-Entwurf auch kommentieren können.
Ziel der Finanzanalyse ist aber auch, messbare, objektive und am individuellen Bedarf der einzelnen Kunden ausgerichtete Produktempfehlungen zu geben. Das heißt, ob für den Kunden eine private Rentenversicherung, ein Riester-Rente, ein Fondssparplan oder eher ein Banksparplan geeignet ist. Was das Regelwerk nicht kann und auch nicht will, ist spezielle Produkte der Versicherer oder Banken von A wie Allianz über S wie Sparkasse bis Z wie Zurich vorzuschlagen.

Ausschuss soll Praxistauglichkeit für die gesamte Branche untersuchen
Dienstleistungsnormen gibt es erst seit rund zehn Jahren, die Anzahl dieser ist noch relativ gering, sie liegt augenblicklich bei rund 250 Stück. Mit der DIN SPEC 77222 wurde erstmals ein Analysetool für die Finanzberatung standardisiert.
Ob die Finanzdienstleistungsbranche sich mit dieser Regelwerk, das zur DIN-Norm werden soll, anfreunden kann, wird augenblicklich in einem Ausschuss geprüft. In diesem sitzen 21 Vertreter von diversen Versicherungsunternehmen, Banken, Verbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen. Welche Unternehmen dies genau sind, möchten die Macher von Defino und dem DIN zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten. In diesem Ausschuss soll in den kommenden Monaten geprüft werden, ob dieses Standardisierungsvorhaben für die Finanzdienstleister praktikabel, sinnvoll und zukunftsweisend ist.

Weiteres Ziel: Beratungsprotokolle auch standardisieren
Ein Ziel der Standardisierungsprojektes soll auch sein, noch bestehende Defizite bei der Beratungsdokumentation und den Beratungsprotokollen zu beheben. Denn zu oft gäbe es noch die Reaktion, dass diese kein wirklichen Schutz für Verbraucher brächten. Aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz haben die Normungsspezialisten hierzu schon positives Feedback erhalten.

Einige Unternehmen arbeiten bereits seit geraumer Zeit mit diesem standardisierten Beratungsansatz, so zum Beispiel der Maklerpool Jung DMS & Cie., der Finanzvertrieb Formaxx, die Volksbank Emmerich-Rees eG sowie zwei Honorarberater und zwar die Con.fee AG aus Bonn und die Honorarfinanz AG aus Karlsruhe. Die Normierungspioniere hoffen, dass demnächst noch zahlreiche andere Unternehmen deren Beispiel folgen werden.

Weitere Informationen zu dem Projekt „Standardisierte Finanzanalyse“ finden Sie in der Dezember-Ausgabe von .

Bildquelle: © DIN

Autor(en): Meris Neininger

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