Umsatzsteuerbefreiung: Kein tatsächlicher Abschluss nötig

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Mit Urteil vom 24. Juli 2014, V R 9/13 (NV), hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Versicherungsmakler im Sinne des § 4 Nr. 11 UStG auch sein kann, wer so genannte Blanko-Deckungskarten für Kurzzeitversicherungen an- und verkauft.

Die Funktion der Versicherungsvermittlungsleistung ist erfüllt, wenn der Vermittler Versicherer und Versicherungsnehmer zusammenbringt, indem er dem Versicherungsnehmer einen Nachweis über einen Versicherer, der Versicherungsschutz anbietet, erbringt und den Kontakt zu diesem herstellt.

Deckungskarten von anderen Unternehmen erworben

Der Umstand, dass der Unternehmer die Deckungskarten nicht unmittelbar von den Versicherungsunternehmen, sondern von anderen Unternehmen erworben hat, steht dabei der Annahme einer Tätigkeit als Versicherungsmakler ebenso wenig entgegen wie der nur mittelbare Kontakt des Unternehmers zu den Versicherungsunternehmen im Falle des Verkaufs von Deckungskarten an fremde Prägestellen, die die Deckungskarten ihrerseits weiterverkaufen.

Die Umsatzsteuerbefreiung für derartige Versicherungsvermittlungsleistungen gilt auch, wenn der Vertrieb von kurzzeitigen Kfz-Versicherungen im Rahmen eines technischen Verfahrens durch Mitteilung einer siebenstelligen Versicherungsbestätigungsnummer (eVB-Nummer) erfolgt, bei dem durch den An- und Verkauf der Freischaltcodes Versicherungsverträge zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern zustandekommen.

Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, wird der Abschnitt 4.8.1 wie folgt gefasst:

"4.8.1. Vermittlungsleistungen im Sinne des § 4 Nr. 8 und 11 UStG:
Die in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Vermittlungsleistungen setzen die Tätigkeit einer Mittelsperson voraus, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Ver-tragsverhältnisses einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet.

Zweck der Vermittlungstätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Es genügt, wenn der jeweilige Vermittler zu den Parteien eine mittelbare Verbindung über andere Steuerpflichtige unterhält, die selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien stehen (vgl. BFH-Urteil vom 28. 5. 2009; V R 7/08, BStBl II 2010 S. 80).

Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss.

Die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlung sind auch erfüllt, wenn ein Unternehmer einem Vermittler am Abschluss eines Vertrages potentiell interessierte Personen nachweist und hierfür eine 'Zuführungsprovision' erhält (vgl. BFH-Urteil vom 28. 5. 2009, a. a. O.).
Nicht steuerfrei sind hingegen Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften auf-weisen, sondern allenfalls dazu dienen, als Subunternehmer den Versicherer bei den ihm selbst obliegenden Aufgaben zu unterstützen, ohne Vertragsbeziehungen zu den Versicherten zu unterhalten (vgl. BFH-Urteil vom 28. 5. 2009, a. a. O.).

Wer lediglich einen Teil der mit einem zu vermittelnden Vertragsverhältnis verbundenen Sacharbeit über-nimmt oder lediglich einem anderen Unternehmer Vermittler zuführt und diese betreut, erbringt insoweit keine steuerfreie Vermittlungsleistung (vgl. BFH-Urteil vom 14. 5. 2014, XI R 13/11, BStBl II S. 734).

Die Steuerbefreiung einer Vermittlungsleistung setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zum Abschluss des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses gekommen ist. Unbeschadet dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen den Begriff der Vermittlung nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 21. 6. 2007, C-453/05, Ludwig). Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers nach § 4 Nr. 11 UStG oder zu Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 UStG bezeichneten Art gehören.

Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistung der Betreuung, Überwachung und Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen.“

Regelung für vor dem 31. Dezember 2015 erbrachte Umsätze
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 31. Dezember 2015 erbracht werden, kann der Unternehmer seine Leistungen abweichend als umsatzsteuerpflichtig behandeln.

Textquelle: Bundesfinanzministerium; Bildquelle: ©picture alliance

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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