Vermittler wollen auf Politik zugehen

"Raus aus der Hängematte der Gewohnheit" hieß es beim Betriebswirtschaftlichen Tag des Verbandes Deutscher Versicherungs-Makler e.V. (VDVM) vergangene Woche in Würzburg. Peter Wesselhoeft, Geschäftsführender Gesellschafter und Partner der GGW-Gruppe und Präsident des VDVM, stimmte die rund 150 anwesenden Versicherungsmakler auf Veränderungen des Vergütungssystems ein. Jetzt müsse es darum gehen, wieder "vor die Welle" zu kommen und mit Gestaltungswillen in den politischen Dialog einzutreten. Eine reine Abwehrhaltung helfe nicht weiter.

Druck der Firmenkunden wächst
Das ändert nichts an der Tatsache, dass der VDVM zur Courtage als Leitvergütung steht. Die Courtage hat sich nach Auffassung des Vorstands bewährt und enthält soziale Elemente, weil weniger betuchte Kunden beraten werden können, für die eine aufwandsgerechte Honorierung nicht bezahlbar wäre. Allerdings franst das Courtagesystem an seinen Rändern erkennbar aus, nach den Industriekunden erwartet man nun auch zunehmenden Druck aus dem Großgewerbe, Nettopolicen und ein frei vereinbartes Vermittlungshonorar anzubieten.

Der Betriebswirtschaftliche Tag diente dazu, die Mitglieder des Verbands für eine moderate Änderung in der Haltung zu sensibilisieren und Änderungen am bestehenden Courtagesystem vorzubereiten. Als Vordenker bereitet der Lebensversicherungsausschuss Modelle vor, die fast eine Quadratur des Kreises darstellen sollen. Mit ihnen soll eine Speerspitze der öffentlichen Kritik gebrochen werden, dass in der Lebensversicherung nahezu ausschließlich diskontierte Einmalcourtagen gezahlt werden, zudem bevorschusst bei Vertragsbeginn.

Hierin wird ein starker Anreiz zu einem nicht bedarfsgerechten Versicherungsverkauf gesehen. Missbräuche des Courtagesystems wie der gut 20 Jahre alte Skandal in der Lebensversicherung um das Geschäftsmodell der Herren Schmidt-Tobler und Zantop oder jüngst durch die MEG AG in der Krankenversicherung entstehen immer dort, wo hohe bevorschusste Courtagen bei gleichzeitig begrenzter Stornohaftung geboten werden.

Umverteilung kostet Existenzen
Allerdings benötigen Makler eine bevorschusste Vergütung, zum einen weil sie die Hauptarbeit mit der vorvertraglichen Beratung leisten und zum anderen, weil sich sonst die vom Kunden erwartete personalintensive und damit teure Dienstleistung nicht finanzieren lässt. Oliver Fellmann, Geschäftsführer der M.A.R.K. Versicherungsmakler GmbH, und Thorsten Teichmann, Geschäftsführer der Aon Pensions Insurance Broker GmbH, zitierten dazu aus einer Untersuchung von 2011, wonach vor allem Jungmakler die vorfinanzierte Courtage benötigen, um ihre Existenz überhaupt gründen zu können. "Jede Umverteilung in laufende Einnahmen ist für eine große Anzahl von Maklern bedrohlich", hieß es mit Blick auch auf eine Forderung der Grünen, die Abschlusscourtagen abzuschaffen und nur noch vertragslebenslänglich laufende Courtagen zuzulassen.

Deshalb will sich der VDVM für eine Kompromiss-Variante stark machen, die den Interessen sowohl des Verbraucherschutzes nach Beseitigung des schnellen Verkaufsanreizes als auch der Makler nach einer notwendigen Vorfinanzierung ihres Betriebs gerecht wird. Auch wenn Details noch in der Diskussion stehen, wird es auf eine Teilung der Abschlusscourtage hinauslaufen sowie auf eine differenzierte Stornohaftung. Mit letzterer soll vor allem das Verhältnis zwischen Courtagehöhe und Haftung wiederhergestellt werden, darauf machte auch Dr. Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand des VDVM, aufmerksam.

Mit großem Interesse wurde zudem vermerkt, dass auch der andere traditionsreiche Vermittlerverband, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), über Modifikationen seiner bisherigen Position nachdenkt. Gemeinsam ist den Verbänden die Sorge, dass eine fehlende Kompromissbereitschaft am Ende Hardlinern nutzt, die einem radikalen Systemwechsel hin zur institutionellen Trennung von Beratung und Vermittlung und einer jedenfalls nicht aus der Kundennachfrage begründbaren Bevorzugung eines Honorarsystems das Wort reden. Solange einerseits ein freiheitliches, marktwirtschaftlich organisiertes System der Vorsorge gewünscht ist, aber die Kunden nicht von allein in ausreichendem Maß Vorsorgelösungen nachfragen, werden Verkaufsanreize benötigt, so die gemeinsame Überzeugung.

Bild: © Peter Kirchhoff/

Autor(en): Matthias Beenken

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