Versicherer kämpfen um "abgespeckte" Garantie

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Sind Garantien in der Niedrigzinsphase noch sinnvoll? Darüber wurde auf der Branchenmesse DKM in Dortmund heftig gestritten. Die Versicherer möchten ihren Kunden weiterhin Garantien versprechen -  auch wenn klassische, lebenslange Anrechte längst ausgedient haben.

Kapitalmarktexperten halten Garantien in der Niedrigzinsphase für viel zu teuer und fordern sogar die Abschaffung der Bruttobeitragsgarantie für staatlich geförderte Produkte wie die Riester-Rente. Besonderer Auslöser für den Streit ist eine aktuelle Studie von Professor Olaf Stotz von der Frankfurt School of Finance & Management. Der Wissenschaftler hat errechnet, dass heute die Kosten für Garantien enorm gestiegen sind. In einer Musteranalyse kommt der Finanzexperte auf das Achtfache der eingezahlten Beiträge. Grund ist, dass Garantien über Investments in sichere Anlagen wie Staatsanleihen abgedeckt werden müssen. Und die werfen derzeit kaum noch Erträge ab.

Garantie-Studie unseriös?
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält aber die Studie von Stotz für unseriös. So warf GDV-Lebensversicherungsexperte Peter Schwark dem Wissenschaftler auf einer DKM-Podiumsdiskussion "reine Zahlenspielerei" vor. So würde die Studie im Wesentlichen auf Aktienerfahrungen der Vergangenheit aufbauen und zu systematischen Verzerrungen führen. Schwark: "Das ist so, als würde man sein Auto nur mit dem Blick in den Rückspiegel fahren. Dann kann man die kommende Kurve nicht sehen."

Nach Einschätzung von Richter versucht die Politik europaweit Finanzprodukte vergleichbar zu machen, um dann die Kosten zu senken. Dass man über die Einführung eines staatlichen Fonds mit minimalen Kosten nach dem Vorbild von Schweden nachdenke, zeige die hohe Aversion der Politik gegenüber Kosten. Daher prognostizierte der BVI-Chef, dass sich künftig die Diskussion nicht mehr um Garantien, sondern vor allem um Kosten drehen werde.

In der Niedrigzinsphase würden für den Kapitalmarkt ganz andere Bedingungen gelten. Stotz verteidigte seine Studie mit dem Hinweis, dass hier sehr wohl in einem komplexen Simulationsmodell die Unsicherheiten des Kapitalmarkts und der zukünftigen ökonomischen Entwicklung eingeflossen seien. Nach Ansicht von Schwark sind Garantien für viele Menschen in Deutschland weiterhin von hoher Bedeutung, wenn es um Altersvorsorge geht. Viele Menschen scheuten ein hohes Risiko. Sie wollten ihr Erspartes nicht verlieren. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass Garantien heute tatsächlich viel schwieriger zu generieren sind. Zudem fordert die Politik, dass sich die Vorsorge für die Kunden am Ende auch lohnt. Daher sollten die Kunden stärker bedarfsgerecht beraten werden

Kunden anders beraten
So schlug Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender des Vermittlerpools BCA vor, Garantien nur für den Notgroschen und ab dem Rentenbeginn zu empfehlen. Zudem sollten Vermittler ihre Kunden anders beraten und nicht mehr mit der Garantie starten. Besser wäre es, sie zu fragen, wie viel Geld sie bereit wären für eine Garantie auszugeben. Schünemann ist sicher, dass dann viele Kunden deutlich mehr ins Risiko gehen würden.

Schwark verwies darauf, dass die Versicherer bereits heute eine Fülle von Garantieprodukten im Markt anbieten. Es sollte daher jedem Verbraucher selbst überlassen werden, ob er auch für die Ansparphase eine Garantie haben will. "Die reine Aktienstrategie ist für die meisten Menschen nicht geeignet", warnte Schwark.

Diese Darstellung eines reinen Aktiensparplans wurde aber von dem Vertreter der Investmentindustrie als unrealistisch bewertet. "Wir haben heute durch die Bank Produkte, die entsprechend des Lebenszyklus des Anlegers langsam sicherer umgeschichtet werden", betonte Thomas Richter vom Bundesverband Investment und Asset Management (BVI). Das Kombiprodukt der Lebensversicherer aus Sparen und lebenslanger Absicherung sei gescheitert.

Garantieverbot umstritten
Heftigen Streit gab es zwischen dem Lobbisten der Assekuranz und der Investmentbranche auch um das neue Garantieverbot in der betrieblichen Altersversorgung, dass bisher aber nur für das so genannte Sozialpartnermodell gilt, bei denen Gewerkschaften und Arbeitgeber die Details der Vorsorge in einem Tarifvertrag niederlegen. Während Richter hier einen Meilenstein gegen das Alleinstellungsmerkmal der Versicherer sieht, kritisierte Schwark den politischen Eingriff als unfairen Wettbewerb. Schwark: "Wir halten bei Riester oder in der betrieblichen Altersvorsorge nicht an der 100-prozentigen Beitragsgarantie fest." Doch die Garantie einfach zu verbieten sei nicht in Ordnung. Zudem würden sich die Gewerkschaften mit dem Garantieverbot im Sozialpartnermodell sehr schwer tun.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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