Versicherungsmakler: Kunden werden nach Schaden „weichgekocht“

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Nach Erfahrung der VDVM-Makler würden immer öfter spezielle Gutachter und Anwaltskanzleien eingesetzt, um eine gegen den Kunden gerichtete Schadenregulierung zu betreiben. „Die Kunden werden nach einem Schaden für einen Vergleich regelrecht weichgekocht“, kritisierte VDVM-Präsident Georg Bräuchle anlässlich eines Pressegesprächs in Hamburg. „Mittlerweile werden rund 20 Prozent der Schäden nicht fair abgewickelt“, schätzt Bräuchle.

Versicherer schalten schneller Anwälte ein
Statt ihr vertragliches Versprechen zu erfüllen, sähen die meisten Versicherer den Leistungsfall als einen Schaden für sich selbst an. Um diesen so gering wie möglich zu halten, gäbe es einen Trend, immer häufiger Rechtsanwälte in die Regulierung einzuschalten. Die Schwelle mit Juristen den Schaden einfach nur „abzuwehren“, sei deutlich gesunken. Bräuchle: „Manche Anwaltskanzleien haben sich förmlich darauf spezialisiert, systematisch nach Ablehnungsgründen zu suchen.“ Als besonderen Hardliner warnte Bräuchle vor der Kölner Kanzlei Bach Langheid Dallmayr (BLD). Fast alle Versicherer würden intensiv mit BLD zusammenarbeiten. Andere Kanzleien würden eher sporadisch eingeschaltet. Bräuchle: „So gibt ein BLD-Partner systematisch Tipps, wie im Schadenfall Ansprüche des Versicherten nach weichen Stellen durchforstet werden können, um dann die Regulierung abzulehnen.“

Suche nach Pflichtverletzungen
Typisch sei, dass die Kanzleien prüfen, ob der Kunde oder sein Makler Risikoinformationen bei Vertragsschluss nicht mitgeteilt hätten. Bräuchle: „Zwar sind nur solche Tatsachen relevant, nach denen der Versicherer bei Vertragsabschluss gefragt hat.“ Doch häufig seien Risikofragen so allgemein gehalten, dass man sich im Schadenfall über ihre Reichweite streiten kann. Um Schäden abzuwehren, würden die Anwälte zudem nach Obliegenheitsverletzungen fahnden. Auch hier gebe es einen verhängnisvollen Trend. So würde Unternehmen immer häufiger vorgeworfen, gegen behördliche oder sonstige Vorschriften verstoßen zu haben. Um einen solchen Vorwurf zu begründen, würden die Versicherer immer neue Unterlagen zur Betriebsgenehmigung anfordern. Dabei gibt es anscheinend keine Grenzen. „Ein kleines Textilunternehmen sollte einen Zeitraum von 30 Jahren dokumentieren“, empfiehlt Bräuchle und moniert so aber auch diese neue Entwicklung.

Qualität der Regulierung bei Abschluss berücksichtigen
Viele Schadenabteilungen der Versicherer seien mittlerweile unterbesetzt. Schadenstermine vor Ort würden oftmals an externe Sachverständige delegiert. Damit nehme die Qualität der Schadenregulierung deutlich ab. Der VDVM-Präsident, der auch Geschäftsführer des internationalen Versicherungsmakler Marsh aus Stuttgart ist, fordert seine Berufskollegen auf, bei Beratung von Kunden immer die Qualität der Schadenregulierung mit in die Waagschale zu werfen. Die Vermittler bekämen jeden Tag die Probleme auf den Tisch und wüssten genau, bei welchen Versicherern die Regulierung besonders schwierig ist. „Wir müssen davon wegkommen, nur nach Preis zu beraten. Die Qualität der Schadenregulierung spielt heute eine deutlich wichtigere Rolle“, so der VDVM-Chef.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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