Vertriebswege: Veränderungen liegen in der Luft

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Die Unternehmensberatung Willis Towers Watson hat ihren Vertriebswege-Survey 2015 für die Lebensversicherung und die private Krankenversicherung (PKV) vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen, dass die traditionellen Vertriebswege weiterhin dominieren. Doch dies wird nicht so bleiben.

Der Bankvertrieb ist in der Lebensversicherung nach wie vor der dominierende Vertriebsweg im Neugeschäft und konnte seine Position auf 30,4 Prozent (29,4 Prozent im Vorjahr, 27,3 Prozent 2012) ausbauen. Gefolgt wird er von der Ausschließlichkeitsorganisation (AO), mit 27,5 Prozent, die aber Anteile verlor. Die Position des Bankvertriebs und der AO hat sich seit 2012 fast umgedreht: 2014 lag der Anteil des Vertriebswegs AO bei 28,2, 2012 noch bei 30,3 Prozent. Der Anteil unabhängiger Vermittler blieb mit 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nahezu stabil (- 0,3 Prozent). Fast unverändert und minimal erhöht zeigten sich auch die Anteile, des gebundenen Strukturvertriebs sowie des Direktvertriebs.

Schrumpfendes Einmalbeitragsgeschäft trifft AO
Das Neugeschäftsvolumen nach APE sank in der Lebensversicherung 2015 um 6,4 Prozent (Vorjahr + 8,8 Prozent). Dabei war das Geschäft gegen laufende Beiträge (-4,4 Prozent) stabiler als das Einmalbeitragsgeschäft (-neun Prozent). "Verantwortlich für die Verluste der AO ist der starke Rückgang von Versicherungen gegen Einmalbeitrag", erklärt Ulrich Wiesenewsky, Leiter Distribution Services bei Willis Towers Watson und Studienverantwortlicher.

Einige Versicherer hätten ihr Angebot gegen Einmalbeitrag bewusst reduziert und dies treffe die Ausschließlichkeitsvertreter härter als die unabhängigen Vermittler, die sich andere Partner suchen könnten. Die Ausschließlichkeit schrumpfte im Bereich Einmalbeiträge relativ gesehen mehr als doppelt so stark wie der Markt.





LVRG-Effekte noch nicht eingetreten
Insgesamt habe die deutsche Lebensversicherung ein schwieriges Jahr hinter sich, so Wiesenewsky. Regulierung und Digitalisierung beanspruchten viele Ressourcen in den Unternehmen. Der Kostendruck, auch auf den Vertrieb, sei hoch.

Die von dem Unternehmen erwarteten Effekte des Lebensversicherungsreformgesetzes auf den LV-Vertrieb sind bislang nicht eingetreten. "Viele Versicherer werden vermutlich noch weiter an ihren Vergütungssystemen arbeiten, da Provisionen und Courtagen weiter unter Druck geraten werden und insbesondere eine noch stärkere Verteilung über die Laufzeit eines Vertrages erfolgen wird", erwartet Wiesenewsky.

Digitale Wachstumschancen
Das von der Unternehmensberatung erhobene Stimmungsbild für die Lebensversicherung zeigt, dass die Teilnehmer Wachstumschancen eindeutig bei Vergleichsportalen und im Direktvertrieb sehen. Dagegen sinkt die erwartete Bedeutung der unabhängigen Vermittler seit einigen Jahren stetig: 2012 sahen noch 91 Prozent Wachstumschancen für die Makler, 2015 waren es lediglich 77 Prozent.

PKV: Vertriebswegeanteile nahezu stabil
Das Neugeschäftsvolumen in der PKV 2015 hat sich auf dem niedrigen Niveau von 2014 stabilisiert. Der negative Trend seit 2012 konnte zwar erstmalig gestoppt werden. Das Gesamtvolumen in der PKV liegt jedoch noch 40 Prozent unter dem Höchstwert von 2011.

Die Vertriebswegeanteile im Neugeschäft haben sich lediglich geringfügig im Vergleich zum Vorjahr verschoben. Weiterhin dominieren AO mit 48,1 Prozent und unabhängige Vermittler mit 33,5 Prozent. In der Vollversicherung liegt der AO-Anteil mit 54,7 Prozent noch deutlich höher. In der Zusatzversicherung konnten Direktvertrieb und Internet-Portale (11,2 Prozent) einen vergleichsweise deutlichen Zuwachs verzeichnen.




Kein Wachstum trotz Bedarf
"Die Studienergebnisse belegen, dass Versicherer ihre Bemühungen um attraktive Produkte nach wie vor steigern müssen", sagt Stefan Bause, Leiter Krankenversicherungsberatung bei Willis Towers Watson. Denn selbst in der Zusatzversicherung sei 2015 trotz weiter vorhandenem Bedarf kein Wachstum erzielt worden, so Bause.

Bei der Prognose für den PKV-Vertrieb sind sich die Befragten einig: Alle erwarten, dass die Vergleichsportale eine steigende Bedeutung. Hingegen sieht nur jeweils die Hälfte der Teilnehmer noch Wachstumspotenzial im Direktvertrieb. Außerdem erwartet mehr als die Hälfte der Teilnehmer eine zunehmende Bedeutung der unabhängigen Vermittler, trotz ihrer sinkenden Marktanteile in den vergangenen Jahren. Nur noch 20 Prozent erwarten, dass die AO als Vertriebsweg eine wachsende Bedeutung haben werde.

Die Digitalisierung schätzen Krankenversicherer als größten Treiber für Veränderungen in der Vertriebswegelandschaft ein. Der Trend in Richtung Direkt- und Internetvertrieb wird nach Einschätzung der Studienteilnehmer wegen der Digitalisierung, einem veränderten Kundenverhalten sowie strategischen Anpassungen auch künftig anhalten.

Quelle: Willis Towers Watson

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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