Wie bekommt man Frauen in den Außendienst?

Die Bereiche Marketing und Vertrieb in der Versicherungswirtschaft geraten allmählich in einen spürbaren Fachkräftemangel, so beschrieb Axel Schwartz, Geschäftsführer des Personalberatungsunternehmens Axel Schwartz People Management GmbH die gegenwärtige Situation anlässlich des 37. AMC-Meetings. Ein Grund dafür ist die demografische Entwicklung, so Andrea Otto, Personalentwicklerin bei den Volkswohl Bund Versicherungen, bei der von AMC-Geschäftsführer Andreas Wölker moderierten Podiumsdiskussion.

Kunden erwarten mehr
Allerdings treiben auch die Kunden Veränderungen voran, indem sie immer höhere Anforderungen an ihre direkten Ansprechpartner - in der Regel die Vermittler - stellen, so Schwartz. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Führungskräfte und die Maklerbetreuer, bei denen Schwartz zudem einen Trend hin zu Vertragsgestaltungen auf selbstständiger Handelsvertreterbasis beobachtet.

Den Fach- und Führungskräften wird neben der früher dominanten Fachkompetenz heute viel stärker Sozial-, Methoden- und unternehmerische Kompetenz abverlangt, wusste Otto zu berichten. Maklerbetreuer beispielsweise müssten heute nicht nur über ihre Produkte Bescheid wissen, sondern seien als Berater und Coaches der Makler gefragt."Niemand wird als Führungskraft geboren", so Otto. "Da sehe ich die Unternehmen stark in der Verantwortung". Diese müssten die künftigen Fach- und Führungskräfte sorgfältig auswählen, ausbilden und anschließend weiter begleiten:"Coaching ist sehr auf dem Vormarsch."

Desolate Zustände bei der Führung
Doch auf diesem Weg gibt es noch bei vielen Unternehmen Defizite, meinte Peter Schlegel, Trainer und Berater bei AV-Seminare Niehaus-Lug. Immer noch gelte im Vertrieb die Regel, dass der beste Verkäufer zur Führungskraft gemacht wird und dort dann scheitert. Es sei "zum Teil desolat", was er vor allem bei Agenturen beobachte. "Da werden neue Partner angedockt, da hat aber vorher kein Gespräch stattgefunden." Die selbstständigen Vertragspartner der Versicherer würden in die Rolle als Führungskraft genötigt und dann allein gelassen.

Bei der Neuwerbung von Mitarbeitern schadet das derzeit schlechte Image des Versicherungsvertriebs, so Schwartz. Allerdings zeigte er sich optimistisch, dass sich das langfristig ändern wird. Die umfangreichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Vertrieb würden ihm zu einem besseren Image verhelfen.

Unternehmen wollen mehr Frauen im Vertrieb
Allerdings ist es der Branche nach wie vor nicht gelungen, eine wichtige Zielgruppe angemessen für eine Tätigkeit als Fach- oder Führungskraft im Vertrieb zu gewinnen - die Frauen. Personalberater Schwartz berichtete von einer stark gestiegenen Nachfrage seitens der Versicherungsunternehmen nach Frauen für Tätigkeiten im Vertrieb. Berater Schlegel hat eigene Erfahrungen im Aufbau und der Begleitung von Frauen-Finanzdienstleistungsvertrieben gesammelt.Auch Otto bedauerte, dass bisher so wenige Frauen im Vertrieb tätig sind. Sie sieht eine Ursache in einem u

nterschiedlichen Kommunikationsverhalten. Männer würden schnell "auf den Punkt" kommen, "und Frauen denken dann, der hat mir noch gar nichts erklärt und will nur, dass ich unterschreibe". Schlegel sieht Männer ebenfalls als abschlussstärker an, aber "Männer hören nicht so gut zu", meint er. Frauen seien viel besser geeignet, Vorsorgeprodukte zu vertreiben, insbesondere wiederum an Frauen. Allerdings laufen sie stärker Gefahr, sich in der Beratung zu verlieren und den Abschluss zu verpassen.

Provision als ungeeigneter Köder
Beim Recruiting gibt es ebenfalls geschlechtsspezifische Unterschiede. Schlegel: "Eine Frau kann man nicht wie einen Mann ködern, zum Beispiel mit Provisionen". Stattdessen würden Frauen "einen klaren Plan und Sicherheit" verlangen.

Der Volkswohl Bund versucht, dem Bedürfnis nach Sicherheit mit einem Traineeprogramm entgegenzukommen. Ein Jahr können die Teilnehmer und Teilnehmerinnen unter Anleitung und mit einem relativ hohen Gehalt ausprobieren, ob der selbstständige Vertrieb für sie geeignet ist. Nach den ersten Erfahrungen mit diesem Programm wechseln etwa 20 Prozent der Trainees anschließend in die Selbstständigkeit. Berater Schwartz glaubt allerdings trotzdem nicht, dass es bei den Versicherern eine Bereitschaft gibt, auf breiter Front von den selbstständigen HGB 84er-Karrieren wieder zu den vor Jahrzehnte verbreiteten angestellten Außendienstpositionen zurückzukehren.



Diskussion auf dem 37. AMC-Forum (v.l.n.r. Peter Schlegel, Andrea Otto, Axel Schwartz sowie Andreas Wölker):



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Autor(en): Matthias Beenken

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