Was die Abschaffung der Abgeltungsteuer für Anleger bedeutet

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Die Diskussion um eine mögliche Abschaffung der Abgeltungsteuer ist erneut entbrannt. Nicht nur für vermögende Investoren, auch für Sparer mit vergleichsweise geringer Liquidität steht viel Geld auf dem Spiel.

Die am 1. Januar 2009 eingeführte Steuer schlägt derzeit mit 25 Prozent pauschal auf alle Kapitaleinkünfte zu Buche. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent und gegebenenfalls die Kirchensteuer. Die Abgaben fließen von den Banken direkt an den Fiskus. Bis zu den Wahlen war von den führenden Fraktionen im Deutschen Bundestag zu hören, dass die Abgeltungsteuer ungerecht sei, da Kapitaleinkünfte geringer besteuert werden als Arbeitseinkommen, das derzeit mit bis zu 47,5 Prozent angesetzt wird.

Steuerbelastung gerecht verteilen
Laut dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU soll die pauschale Abgeltungsteuer durch eine individuelle Abgabe ersetzt werden. Voraussetzung ist aber ein weltweit funktionierender Informationsaustausch der Finanzbehörden, der eine Steuerflucht ins Ausland unmöglich machen würde. Die SPD plädiert dafür, Kapitalerträge genauso zu besteuern wie Löhne und Gehälter, nämlich mit dem individuellen Steuersatz. Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Linke will der ungleichen Besteuerung von Kapitalerträgen zu allen übrigen Einkünften ebenfalls ein Ende setzen. Lediglich FDP und AfD lassen die Abgeltungsteuer in ihren Programmen außen vor.

Fraglich ist, ob es wirklich gerecht wäre, die Belastung bei Kapitalerträgen auf das Niveau des persönlichen Einkommensteuersatzes anzuheben. "Wer an die Abschaffung der Abgeltungsteuer denkt und damit wieder zum alten System zurückkehren will, ohne jedoch das Halbeinkünfteverfahren und die Spekulationsfrist wieder einzuführen, verkennt, dass Anleger in einer modernen Volkswirtschaft eine wichtige Funktion übernehmen", erläutert die Fachjournalistin Carmen Mausbach in der Anlage Praxis 10/2017. "Denn durch den Kauf von Aktien und Unternehmensanleihen versorgen Investoren nicht nur die jeweiligen Konzerne mit frischem Kapital. Auch der Staat erhält durch die Ausgabe von Bundesanleihen Liquidität, um neue Investitionen zu tätigen."

In den Parteiprogrammen zur Bundestagswahl 2017 war kein Hinweis zu finden, ob bei einer möglichen Abschaffung der Abgeltungsteuer das Halbeinkünfteverfahren und auch die Spekulationsfrist wieder eingeführt oder der Sparerpauschbetrag angehoben werden könnte. "Somit kann sich jeder Investor leicht ausrechnen, dass mit der Abschaffung der Abgeltungsteuer eine höhere Steuerbelastung bei seinen Kapitaleinkünften auf ihn zukommen kann", betont Mausbach. Vergünstigungen an anderer Stelle wären bei einer Abkehr von der Pauschalsteuer jedoch zwingend notwendig, um Aktien- beziehungsweise Anleiheinvestments und damit die Versorgung von Unternehmen und dem Staat mit Kapital auch weiterhin attraktiv zu halten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Springer Professional.

Autor(en): Christian Kemper

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