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Dienstleistungsfreiheit

1. Begriff: Grundfreiheit nach dem EG-Vertrag und für das Versicherungswesen ein Basiselement des Europäischen Binnenmarkts. Die Dienstleistungsfreiheit gibt einem Versicherungsunternehmen mit Sitz oder Niederlassung in einem Mitgliedsstaat die Möglichkeit, grenzüberschreitend in einem anderen Mitgliedsstaat tätig zu werden, ohne sich dort niederzulassen, und zwar unter denselben Voraussetzungen, wie sie in diesem Staat für dort ansässige Unternehmen gelten (vgl. §§ 57 ff. VAG).

2. Anwendungsfälle: a) Das Versicherungsunternehmen begibt sich in den anderen Mitgliedsstaat, um dort Versicherungsschutz anzubieten.
b)Der Versicherungsnehmer begibt sich in den anderen Mitgliedsstaat, um dort Versicherungsschutz zu suchen. – c)Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer bleiben zwar in ihren Staaten, schließen aber grenzüberschreitend den Versicherungsvertrag im Wege der Korrespondenz oder der jetzt üblichen modernen Kommunikationsmittel.

3. Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit: Im zuerst genannten Anwendungsfall kann die Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit schwierig werden, wenn die Tätigkeit des Versicherers nicht mehr von Fall zu Fall und vorübergehend ausgeübt wird, sondern wenn das Geschäft eine gewisse Bedeutung und Kontinuität erreicht hat, die objektiv eine Niederlassung erfordert, das Unternehmen eine solche formell aber nicht errichtet. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH kann davon ausgegangen werden, dass nicht mehr von der Dienstleistungsfreiheit, sondern von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht wird, wenn das Versicherungsgeschäft durch eine zwar selbstständige, aber ständig damit betraute Person betrieben wird, die von einer Betriebsstätte im Aufnahmestaat aus tätig wird. Wird ein ausländisches Versicherungsunternehmen z.B. über einen inländischen Makler tätig, der – wie es selbstverständlich sein müsste – unabhängig vom Versicherer ist und nur den Interessen des Versicherungsnehmers dient, so liegt Dienstleistungsverkehr vor. Ist der Makler allerdings durch stille Akquisitions- oder Provisionsverträge an das Versicherungsunternehmen gebunden, so liegt eine Niederlassung des Versicherers vor; er wird nicht im Dienstleistungsverkehr tätig.

Autor(en): Dr. Helmut Müller

 

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