Abschlusskosten kommen 2018 auf den Prüfstand

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Die Bundesregierung sieht derzeit keine Gefahr für die Lebensversicherung und glaubt, sie gut auf die Niedrigzinssituation vorbereitet zu haben. Einige Antworten auf die Kleine Anfrage der Linkspartei lassen aber aufhorchen.

Die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke hatte vor zwei Wochen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zur Situation der Lebensversicherung gerichtet. Darin wurde vor allem unter Bezug auf diverse Medienberichterstattungen hinterfragt, wie gut die Versicherungsbranche auf die anhaltende Niedrigzinslage vorbereitet ist, aber auch, wie die Versicherer dabei mit dem Geld ihrer Kunden umgehen. Insgesamt 27 Fragen wurden nun vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (BMF), Dr. Michael Meister, beantwortet.

Keine „fette Beute“ mehr
Zunächst hatte die Fraktion der Linkspartei interessiert, wie sich Umsätze und Gewinne der zehn größten Lebensversicherer in den zurückliegenden Jahren entwickelt haben. Die Initiatorin der Kleinen Anfrage, die Bundestagsabgeordnete Susanna Karawanskij, stellte fest, dass die Versicherer „immer noch Überschüsse erwirtschaftet“ hätten, „wenn auch teils schwankend“. „Zurzeit ist halt nicht so `fette Beute´ zu machen.

Auch die Reinverzinsung der Kapitalanlagen sei nach wie vor „prächtig“. Diese lag nach Auskunft des BMF zuletzt im Jahr 2015 zwischen 3,1 Prozent (Aachen Münchener) und 5,1 Prozent (Axa). Darin bilden sich allerdings auch die Erfolge ab, die dank jahrzehntelanger, kontinuierlicher Sparleistung der Versicherten möglich waren. Die wird vom organisierten Verbraucherschutz schon lange als vorgestrig abgetan.

Keine Aktionäre beim Versicherungsverein
Die Linkspartei wollte auch wissen, wie sehr die Aktionäre der zehn größten Lebensversicherer profitieren. „Gerade das würde aber zeigen, wie Aktionäre verhältnismäßig bevorzugt werden“, so der Kommentar zur Antwort des BMF, das keine Angaben zu Dividenden machen konnte. Zusätzlich hätte das BMF darauf hinweisen können, dass mit R+V, Debeka und Alte Leipziger allein drei Lebensversicherer Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind und keine Aktionäre, sondern die Versicherten selber von Überschüssen profitieren.

Und mit der Bayern-Versicherung befindet sich der größte öffentlich-rechtliche Versicherer unter den angefragten zehn Lebensversicherern, dessen Gewinne letztlich der öffentlichen Hand und den im öffentlichen Auftrag tätigen Sparkassen zugutekommen. Nur sechs verbleibende Versicherer sind klassische Aktiengesellschaften mit Aktionären, deren Dividenden offenbar in Frage gestellt werden sollten.

Zinszusatzreserve auf neuem Rekordhoch
Einen raschen Handlungsbedarf erkennt die Abgeordnete in dem starken Anstieg der Zinszusatzreserve. Laut BMF hat diese eine vorläufigen Stand von 44,1 Milliarden Euro Ende 2016 erreicht, allein im vergangenen Jahr war das ein Anstieg um zwölf Milliarden Euro. Diese Rücklagen fehlen bei der Zuteilung von Überschussbeteiligungen für Versicherte mit geringeren Garantiezinsen. Dass hier Handlungsbedarf besteht, haben auch die Versicherer schon länger angemahnt und eine flexible Handhabung beim weiteren Aufbau dieser Reserve gefordert.

Während die Schlussüberschussanteilsfonds, die freien und die gebundenen Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen jedenfalls bis 2015 relativ stabil geblieben sind, schrumpften die Beteiligungen an den Bewertungsreserven. 2015 wurden noch 1,3 Milliarden Euro ausgeschüttet, nach 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2014 und einem Höchststand von 3,6 Milliarden Euro im Jahr davor.

Im Verhältnis zu fast 50 Milliarden Euro der oben genannten Überschussbeteiligungs-Fonds sind das immer noch übersichtliche Größen. Dennoch kommentiert die Abgeordnete Karawanskij die Entwicklung der Bewertungsreserven als „drastische Kappung“, bei der die Kunde „die Verlierer“ seien. Ob dies der Tatsache wirklich gerecht wird, dass Scheinüberschüsse aus Staatsanleihen ausgeschüttet wurden und Kunden fehlen werden, die erst in den kommenden Jahren ihre Ablaufleistung zu erwarten haben, sei dahingestellt.

2018 kommen die Abschlusskosten auf den Prüfstand
Für den Vertrieb wichtig sind die Antworten auf zwei Fragen zum Thema Abschlusskosten. So fragen die Linken, warum bisher keine durchgreifende Senkung stattgefunden hat, und welchen Handlungsbedarf die Bundesregierung daraus ableitet.

Zwar verweist Staatssekretär Meister in seiner Antwort darauf, dass es noch zu früh sei, die Wirkung des „Bündels von Maßnahmen, die unterschiedlich schnell wirken“, jetzt schon zu bewerten. Aber er trifft die klare Aussage, dass auf Bitten des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) „zum Stichtag 1. Januar 2018“ evaluiert und „im Laufe des Jahres 2018 darüber zu berichten“ ist. Somit müssen die Versicherungsbranche und ihr Vertrieb damit rechnen, dass der Erfolg des LVRG im kommenden Jahr ein Thema im Bundestag werden wird.

Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf
Die Bundesregierung sieht derzeit keine Risiken für die „Substanz der Unternehmen“ durch die Gesamtlage und die Solvabilitätsvorschriften. Auch die letzten Stresstests hätten „keine substanziell neuen Erkenntnisse“ gebracht.

Abschließend wollte die Linkspartei wissen, wie sich die geplante Reform der betrieblichen Altersversorgung auf die Wettbewerbssituation der Lebensversicherer auswirkt. Dazu gibt Meister widersprüchliche Antworten.

Einerseits bestreitet er Medienberichte, wonach die Reform vor allem große Versicherer begünstige. Andererseits verweist in einer Antwort auf eine andere Frage auf die „kollektive Nachfragemacht“ der Sozialpartner, mit der Druck auf die Versicherer ausgeübt werden würde mit dem Ziel einer „kostengünstigen und leistungsstarken Durchführung der betrieblichen Altersversorgung“. Das dürfte gerade nicht den kleineren Lebensversicherer helfen, deren Einfluss auf die Tarifparteien begrenzt sind.

Bild: © froxx / picscout

Autor(en): Matthias Beenken

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