Als ob die Deutsche Aktuarvereinigung es geahnt hätte

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Die finanziellen Risiken werden für Erst- und Rückversicherer erkennbar steigen. Die Folgen des Klimawandels sind der Auslöser. Das hat Guido Bader (siehe Bild), Past President der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), schon bei der diesjährigen DAV-Jahrestagung prognostiziert. Die erschreckende Flutkatastrophe in vielen Regionen der Republik lassen diese Kassandrarufe nun wohl bald zur traurigen Realität werden.

„Auch hierzulande werden in den kommenden Jahrzehnten beispielsweise häufigere und schwerere Herbststürme, Hagel- und/oder Starkregenereignisse mit zunehmender Überschwemmungsgefahr auftreten,“ verkündete Bader bei der diesjährigen DAV-Jahrestagung. Dass die brutale Realität seiner Ankündigung nur wenige Wochen später folgen könnte, hat wohl niemand ahnen können. Der Klimawandel werde aber auch dazu führen,  die Unternehmen bei ihren Kapitalanlage umdenken müssten.

Wie lange sind Hochrisikogebiete noch versicherbar?

Die Aktuar*innen hätten jedoch bereits auf die klimatischen Entwicklungen reagiert und würden die Naturgefahren Sturm, Hagel und Überschwemmung beziehungsweise Starkregen in ihren Modellen nicht mehr nur getrennt, sondern auch spartenübergreifend als Risikofaktoren betrachten. „Diese Kumulrisiken können langfristig dazu führen, dass die derzeit überschaubaren Hochrisikoregionen in ihrer Größe und Anzahl zunehmen und die Frage ihrer privatwirtschaftlichen Versicherbarkeit stärker in den Mittelpunkt rückt “, so Bader.

Vor diesem Hintergrund appellierte er an die Politik, der Prävention einen höheren Stellenwert einzuräumen. So sollten zum Beispiel keine Neubaugebiete mehr ausgewiesen werden, die nachweislich besonders hochwassergefährdet sind. „Leider ist dies in den vergangenen Jahren noch viel zu häufig geschehen, sodass es zum Beispiel 2002 und 2013 durch Hochwasser von Elbe und Donau erhebliche – teils vermeidbare – Versicherungsschäden gegeben hat“, kritisiert Bader das (politische) Fehlverhalten.

Moderne Methoden helfen, Risiken noch genauer zu kalkulieren

Um derartige Risiken zu bewerten, würden bei Erst- und Rückversicherern seit Jahren immer häufiger interdisziplinäre Teams aus Aktuar*innen, Physiker*innen und Expert*innen anderer Fachrichtungen gebildet, die unter anderem mithilfe der Verknüpfung von aktuariellen Modellen mit  Data-Science-, KI-Anwendungen und Klima-Projektionen gemeinsam neue Modelle entwickelten. „Durch diese modernen Methoden lassen sich Risiken noch genauer analysieren und kalkulieren. Dadurch besteht die Möglichkeit, Schadenschwerpunkte, Schadenmuster und -entwicklungstendenzen frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu initiieren“, erläutert Bader die Lage.

Rahmenbedingungen müssen verbessert werden

Jenseits dieser versicherungstechnischen Risikosituation stelle der Klimawandel die Versicherer aber auch bei der Kapitalanlage vor große Probleme. „Als wichtige Langfristinvestoren können und werden die Versicherer die nachhaltige Transformation aktiv unterstützen. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen verbessert werden“, unterstrich Bader.

Einer immer größer werdenden Nachfrage stehe ein bisher noch zu beschränktes Angebot an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten gegenüber. „Der erste deutsche Green Bond war trotz Negativzinssatz mehrfach überzeichnet. Und bei renditestärkeren nachhaltigen Infrastruktur- oder Energieprojekten sieht es nicht besser aus. Auch dort gibt es einen deutlichen Nachfrageüberhang“, erläuterte der DAV-Past-President.

Warnt vor Blasenbildungen bei Green Investments

Vor diesem Hintergrund warnte er vor Blasenbildungen bei Green Investments, die langfristig sogar die Finanzmarktstabilität gefährden könnten.

An die politischen Entscheider appellierte der Aktuar eindringlich: „Wenn der Staat grüne Investments fördern will, kann er zum Beispiel für diese staatliche Garantien aussprechen und damit real die Kapitalanlagerisiken reduzieren. Damit würde das Ziel einer geringeren Kapitalbindung ohne ein Verbiegen des Systems erreicht.“.

Quelle: DAV

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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