Altersvorsorge: Deutsche müssen Abschied von Garantien nehmen

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Um den Wandel in der Produktlandschaft in der Altersvorsorge ging es am 28. Januar 2021 bei einer Diskussion des Deutschen Instituts für Altersvorsorge mit Guido Bader, Stuttgarter Lebensversicherung, Vorstandsvorsitzender Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), und Stefan Oecking, Mercer, Vorstandsmitglied Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersvorsorge (aba).

Die Ausgangslage: Die Lebensversicherung mit 100 Prozent Garantie hat die Niedrigzinsphase offenbar nicht überlebt. Seit vergangenem Jahr ist die Lebensversicherung mit Teilgarantie auf dem Weg zum neuen Branchenstandard. Die Allianz machte hier vor einigen Wochen den Anfang. Weitere große Versicherer wollen in Zukunft nur noch 90, 80 oder 60 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren.

"Logische Folge der Niedrigzinspolitik"

Der Trend gehe eindeutig weg von 100-Prozent-Garantien bei Altersvorsorge-Produkten wie der Lebensversicherung, machte Stuttgarter-Vorstand Bader klar. "Dies ist eine logische Folge der Niedrigzinspolitik", so Bader. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen 100-Prozent-Garantien in der Riester-Rente und in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) müssten fallen, so Bader. Für die bAV machte Mercer-Mann Oecking klar: "Es kann nur das garantiert werden, was der Kapitalmarkt hergibt." Und das tue er nicht. Die Beitragszusage mit Mindestleistung lasse sich am Kapitalmarkt nicht mehr darstellen.

Auf den Werterhalt kommt es an

Bader glaubt, dass sich die Einstellung der Kunden nach Garantien und Sicherheit geändert habe. Denn sie machten immer häufiger die Erfahrung, dass Banken Negativzinsen verlangten oder Verwahrkosten für das eigene Geld anfallen. Er glaube, dass viele die beiden Begriffe Garantien und Sicherheit verwechseln. Auch bei einer endfälligen Garantie könne es zu Schwankungen im Vermögensverlauf kommen. Der aba-Vorstand Oecking erklärte, dass das Verlustrisiko auch bei Garantien von weniger als 100 Prozent oft überschätzt werde. Darüber hinaus werde oft nur der Nominalbeitrag garantiert, dieser sei in zum Beispiel 20 Jahren möglicherwiese nur noch zwei Drittel wert. Viel wichtiger sei daher der Werterhalt.

Plädoyer für das kollektive Sparen in der bAV

Oecking hielt ein Plädoyer für das kollektive Sparen in der bAV. Diese seien einzelvertraglichen Lösungen weit überlegen, da sie auf viele starken Schultern ruhe. Zwar trage der Arbeitnehmer das Risiko des Erhalts der Beiträge bei der reinen Beitragszusage. Dem Arbeitnehmer darf hier kein Anlageerfolg versprochen werden (Garantieverbot), im Tarifvertrag soll aber ein Sicherungsbeitrag des Arbeitgebers vereinbart werden. Dieser Puffer, so Oecking, könne über schlechte Zeiten des Kapitalmarkts helfen.

Riester-Reform überfällig

Stuttgarter-Vorstand Bader forderte den Gesetzgeber auf, das sowieso schon komplizierte System der Altersvorsorge, gerade auch das der bAV, nicht noch weiter zu komplizieren. Man müsse bestehende Konzepte weiterentwickeln und vereinfachen. Die Riester-Rente müsse dringend reformiert werden. Obwohl dies im Koalitionsvertrag stehe, habe er nach aktueller Berichterstattung etwas die Hoffnung dafür verloren.

 

Autor(en): Bernhard Rudolf

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