Altersvorsorgereform dringend notwendig

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Ideen für eine neue staatlich geförderte Altersvorsorge hat das Beratungshaus Zielke Research Consult vorgestellt. In der „Leben-Studie 2021 – Deutsche Lebensversicherer: Rente - Wozu?“ wird vor allem die Abschaffung des Verrentungszwangs gefordert. Damit würde die Versicherungswirtschaft ihren Vorteil gegenüber Banken und Investmenthäusern verlieren. Co-Autor der Studie ist Robert Schmiederer vom französischen Bankhaus Société Générale.

Die drei Ampelparteien wollen eine Altersvorsorge entwickeln, die sich mehr lohnt als die Riester-Rente. So soll die „gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester“ geprüft werden. Ein einfacher Weg, um mehr Wettbewerb zu schaffen, soll nach Vorschlag von Zielke Consult die Abschaffung des Verrentungszwangs sein. Das Risiko, dass das Gesparte nicht bis ans Lebensende reicht, soll der Staat übernehmen. „Um eine angemessene Rendite zu erzielen, sollte die Regierung den Verrentungszwang aufheben und den Auszahlungsplan bis zum 85. Lebensjahr festlegen. Für eine längere Lebenszeit des Einzelnen müsste die Gemeinschaft aus Steuergeldern aufkommen“, so das Beratungshaus.

Mit einer einfachen Änderung des Steuerrechts soll die geförderte Altersvorsoge deutlich attraktiver werden. Diese These erläuterte Carsten Zielke, Geschäftsführer der Zielke Research Consult, auf einer virtuellen Pressekonferenz. Bisher gilt bei der Riester-Rente ein Kapitalerhalt zum Renteneintrittsalter und ein Verrentungszwang. Daher müssten Versicherer ihr Kapital vor allem in festverzinsliche Wertpapiere anlegen. „Das raubt die Rendite“, glaubt Zielke.

Hohe Rendite ohne Verrentungszwang

In einer Musterrechnung stellte er dar, dass bei einer Abschaffung des Verrentungszwangs die Rendite deutlich steigen könnte. Die Sparer würden fast 33 Prozent mehr Rente erhalten. Noch stärker würde sich die Altersvorsorge lohnen, wenn die Versicherer zusätzlich riskanter anlegen dürften. Dann wäre laut der fiktiven Rechnung ein Rentenplus von fast 88 Prozent möglich. Mit dem Verrentungszwang hätten die Lebensversicherungen ein Monopol bei der Altersvorsorge. Ohne ihn würde nach Meinung des Experten ein deutlicher Wettbewerb um die Altersvorsorge entstehen. Banken und Investmenthäuser könnten dann vermehrt Produkte anbieten. „Mehr Wettbewerb wäre durchaus im Sinne der Ampelkoalition. Damit dürfte Finanzminister Christian Lindner keine Probleme haben“, schätzt Zielke.

Versicherer müssten alle Riester-Sparer informieren

Der Verrentungszwang müsste auch für bestehende Riester-Verträge abgeschafft werden. „Die Kunden können dann wählen, ob sie die lebenslange Rente oder eine Kapitalauszahlung wollen. Das Geld ist ja da“, ist Zielke überzeugt. Das Steuerrecht müsste jedoch so geändert werden, das Riester-Sparer nicht benachteiligt werden, falls sie auf die Rente verzichten. Bisher können sich die Kunden bei Rentenbeginn nur einen Einmalbetrag von bis zu 30 Prozent Ihres Riester-Kapitals auszahlen lassen. Gleichzeitig müssten nach den Vorschlägen des Beraters die Lebensversicherer verpflichtet werden, alle Riester-Kunden über die neue Möglichkeit der Vollauszahlung des Kapitals zu unterrichten.

Kritik an Rentenpolitik

Zielke: „Nur Deutschland behält sich den Verrentungszwang zum Gewähren von steuerlichen Vorteilen in der EU vor.“ Das würde zu enorm langen Vertragslaufzeiten von durchschnittlich über 35 Jahren führen. Aufgrund vieler kleinteiliger Riester-Verträge mit hohen Kosten würde viel Solvenzkapital gebunden. Auf Basis der Zahlen eines Versicherers hat Zielke errechnet, dass die Aufhebung des Verrentungszwangs schlagartig die Solvenz der deutschen Lebensversicherer um den Faktor 1,6 bis 2,0 verbessern würde.

Zielke kritisierte zudem die derzeitige Rentenpolitik. Das Umlageverfahren wäre ab 2025 stark unter Druck, weil den in Rente gehenden Babyboomer nicht genügend Arbeitnehmer gegenüberständen. Die Politik würde dieses Problem derzeit mit der Festlegung von Höchstgrenzen und Mindestrenten einfach ignorieren. Ab 2025 müssten aber in Wahrheit entweder die Erwerbstätigen höher besteuert werden oder der Staat müsste, um die Rente zu finanzieren, mehr Schulden aufnehmen. 

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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