Arag steigt in den Beihilfemarkt ein

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Mittlerweile entwickelt sich der klassische Rechtsschutzversicherer Arag immer stärker zum privaten Krankenversicherer (PKV). Nun will er vor allem Debeka, Axa und Huk-Coburg im Beihilfegeschäft Konkurrenz machen.

Im PKV-Segment konnte die Arag die Einnahmen 2022 um 12,7 Prozent auf 546 Millionen Euro steigern. 2022 konnten netto 10.000 Vollversicherte dazu gewonnen werden. „Im Krankenversicherungsgeschäft sind wir mit unseren Tarifen gut aufgestellt“, betonte Vorstand Matthias Maslaton anlässlich der Bilanzpressekonferenz. Die Arag würde nun die Früchte des jahrelang soliden Underwritings und Kalkulierens ernten. So sei ein stabiles Kollektiv geschaffen worden, bei dem es sehr wenig Prämienerhöhungen gäbe. Zudem gebe es viele Feature, etwa für Familien, die die Tarife für die Kundinnen und Kunden attraktiv machen würden.

 „Wir profitieren bei der PKV von einem starken Maklergeschäft“, sagte Maslaton. 84 Prozent des Neugeschäfts kamen 2022 über die Schiene der unabhängigen Vermittler und rund 14 Prozent entfielen auf die Ausschließlichkeit, den Arag-Stammvertrieb. Die restlichen zwei Prozent der Neukunden wurden über sonstige Vertriebswege, wie Kooperationen gewonnen.

Erfolgreiche Roadshow für neue Beihilfemakler

Das gute Geschäft in der PKV gehe auch 2023 weiter. „In den ersten Monaten des Jahres haben wir bereits 4.000 Neuverträge gewonnen“, so Maslaton. Sein attraktives Standing bei Versicherungsmaklern will die Assekuranz nun nutzen. Ab Sommer 2023 will man ins allgemein als schwierig geltende Beihilfegeschäft einsteigen und so zusätzlich den Krankenschutz für Beamte anbieten.

Eine Roadshow hat der Versicherer mit interessierten Vermittlern schon absolviert. Maslaton glaubt, dass der bisherige Vertrieb über sogenannte Vertrauensleute in den Behörden nicht mehr zeitgemäß ist. „Hier entwickelt sich ein Shopping wie in anderen Bereichen“, so der Vorstand. Klar sei aber auch, dass das Geschäft nur langsam erfolgreich werde, da ja erst nur Anwärter versichert würden.

Eine künstliche Intelligenz (KI) hilft bei der Anwaltsempfehlung für Kundinnen und Kunden der Arag-Rechtsschutzversicherung. „Das bisherige Scoring-Modell wird von einer KI unterstützt“, erläuterte Vorstand Hanno Petersen. Dabei greift der Versicherer auf ein Partnernetzwerk von 3.000 Rechtsanwaltskanzleien zurück. „Wir raten zu Juristen, die im jeweiligen Rechtsgebiet eine besonders hohe Erfolgsquote haben“, so Petersen.

Anwaltsmonopol kippen

Derzeit setzt der Versicherer bereits 27 unterschiedliche Bots ein. Nur im Ausland übernehmen diese Programme bereits die rechtliche Beratung der Kunden. Eine solche Beratung direkt durch den Rechtsschutzversicherer ist nämlich in Deutschland verboten. Daher fordert die Assekuranz vom Gesetzgeber eine Liberalisierung der Rechtsberatung. „Das Anwaltsmonopol in Deutschland sollte gekippt werden, damit die Menschen einen leichteren Zugang zum Recht bekommen“, forderte Vorstandssprecher Renko Dirksen.

In anderen europäischen Staaten, wie in Dänemark, den Niederlanden, Norwegen oder Schweden ist der Versicherer längst mit eigenen Anwälten auch vor Gericht aktiv. In Österreich und der Schweiz darf er immerhin mit eigenen Kräften außergerichtlich beraten. „Wir können den Erfolg einer Liberalisierung der Rechtsberatung mit Zahlen belegen“, so Dirksen. Der Versicherer hofft nun auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Laut Dirksen steht hier eine Entscheidung an, die Auswirkungen auf das Anwaltsmonopol in Deutschland haben könnte. Positive Signale gibt es laut ARAG zudem für geschädigte Autofahrer im Dieselskandal. So soll der Bundesgerichtshof (BGH) im Juni entscheiden. „Es kann dann gut sein, dass Verfahren mit modifizierten Forderungen wieder aufgenommen werden können“, schätzte Petersen.

Die Nachfrage nach Rechtsschutz ist weiterhin auf hohem Niveau. 2022 stiegen die Beitragseinnahmen in diesem Bereich um 6,9 Prozent auf 1,34 Milliarden Euro. „Damit haben wir unsere Position als weltweit größter Rechtsschutzversicherer weiter ausgebaut“, betonte Vorstandschef Dirksen. Im vergangenen Jahr habe der Versicherer allein in Deutschland in 618.000 Schaden- und Beratungsfällen weitergeholfen. Unter dem Strich konnte der Versicherer 90.000 neue Kundinnen und Kunden gewinnen. Die Beitragseinahmen des Konzerns stiegen insgesamt um neun Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro.

Technische Gewinne dominieren Anlagerückgang

Trotz einem deutlich geringeren Ergebnis aus Kapitalanlagen, dass von 80,3 Millionen Euro auf 52 Millionen Euro zurückging, konnte der Konzern sein Ergebnis durch Erfolge im eigentlichen Versicherungsgeschäft verbessern. 2022 stieg das Ergebnis um 12,2 Prozent auf 97,3 Millionen Euro. Die Mitarbeiterzahl des Konzerns erhöhte sich von 4.680 auf 4.760 Angestellte. Mit Shiva Meyer ist nun die erste Frau neben fünf Männern im Konzernvorstand tätig. Hier hat die deutsche Führungsetage aber noch Nachholbedarf, denn in den internationalen Arag-Gesellschaften liegt der Frauenanteil in den Vorstandsgremien schon deutlich höher.

Der Wachstumskurs der Arag geht 2023 weiter. Für das erste Quartal meldet das Unternehmen ein Beitragsplus von 11,5 Prozent. In diesem Zeitraum konnten 712,3 Millionen Euro Beitragseinnahmen erzielt werden, während im gleichen Vorjahreszeitraum die Einnahmen nur bei 638 Millionen Euro gelegen hatten.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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