Atradius sieht alarmierend viele Zahlungsausfälle

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Das Zahlungsbarometer des Kreditversicherers Atradius liefert positive und negative Schlagzeilen. So ist erfreulich, dass angesichts der positiven Konjunkturentwicklung ein Großteil der deutschen Chemie-, Stahl- und Metall- sowie Transportunternehmen für das kommende Jahr ein Wachstum erwartet.

Schlecht dagegen ist der Umstand, dass steigende Wertberichtigungen zunehmend die Chemie- und der Stahl-/Metallbranche belasten. Deren Unternehmen gaben zudem an, dass sie Zahlungen an Lieferanten zurückhalten, wenn sie selbst mit langsam zahlenden Kunden belastet sind. „Dies mag zwar kurzfristig zu einer Entlastung der Liquiditätslage beitragen, birgt aber auch die Gefahr, dass sich der Kreislauf der schlechten Zahlungsmoral weiter schließt und ein Dominoeffekt entsteht, der sich über die gesamte Lieferkette ausbreiten kann“, sagt Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Zentral- und Osteuropa bei Atradius.

Erheblicher Anstieg der Verwaltungskosten erlebt

Für das aktuelle Zahlungsbarometer befragte Atradius 200 Unternehmen aus der deutschen Chemie-, Stahl-/Metall- und Transportindustrie. In der Umfrage des Zahlungsverhaltens stellten die deutschen Unternehmen einen Rückgang des Gesamtanteils der Kreditvergaben fest: 45 Prozent aller B2B-Verkäufe wurden in diesem Jahr auf Kredit getätigt, im Jahr 2020 waren es noch 55 Prozent. Wenn Unternehmen eine Kreditanfrage ablehnten, dann meist deshalb, weil sie die bisherige Zahlungsmoral des Interessenten nicht einschätzen konnten.

Diese vorsichtige Vorgehensweise könnte zum Teil den Erfolg erklären, den deutsche Unternehmen bei der Verringerung des Wertes überfälliger Rechnungen hatten. 37 Prozent des Gesamtwerts der Unternehmensrechnungen sind derzeit überfällig, im vergangenen Jahr betrug der Wert noch 40 Prozent. Der Gesamtwert der Kredite, die nach 90 Tagen noch nicht beglichen waren, stieg jedoch. Dieser Wert nahm von acht Prozent im vergangenen Jahr auf zehn Prozent zu, und fast alle Rechnungen wurden abgeschrieben.

Vor allem kleinere Unternehmen können schwer mit den Verlusten zurechtkommen

Alarmierend ist aus Sicht der befragten Branchen, die anhaltend hohe Zahl der Zahlungsausfälle. In der Transportbranche sank der entsprechende Wert gegenüber dem Vorjahr zwar von acht auf sieben Prozent – im Vergleich zu den Vorjahren ist dieser Wert allerdings immer noch hoch. In der Chemiebranche wurden im vergangenen Jahr acht Prozent des Gesamtwerts der Rechnungen abgeschrieben. In diesem Jahr stieg diese Zahl auf zehn Prozent. „Als dunkle Wolke in den sich ansonsten verbessernden Aussichten werden zehn Prozent der entgangenen Einnahmen zweifellos die Liquiditätslage eines Großteils der Branche schwer belasten. Vor allem für kleinere Unternehmen könnte es schwierig werden, mit solchen Verlusten zurechtzukommen“, erklärt Langen.

Auch in der Stahl- und Metallindustrie zogen die Wertberichtigungen deutlich an: Auf 11 Prozent gegenüber 7 Prozent im Vorjahr. Dies ist ein enormer Betrag an entgangenen Umsätzen, der ein ernsthaftes Risiko für die Einnahmen und die Rentabilität der Branche darstellt. Mit Blick auf die Zukunft äußerten sich 78 Prozent der Unternehmen, die an der Befragung teilnahmen, dennoch optimistisch. Eine Mehrheit glaubt der Umfrage zufolge, dass sich die Zahlungsmoral der Kunden verbessern wird, und 54 Prozent sagten, dass sie im nächsten Jahr häufiger Handelskredite anbieten wollen (vor allem als Möglichkeit zur kurzfristigen Finanzierung ihrer Kunden).

Doch das grundsätzlich positive Geschäftsklima wird allerdings durch anhaltende Abwärtsrisiken überschattet. In dem Versuch, die Liquidität vor Zahlungsausfällen zu schützen, gaben 65 Prozent der befragten Unternehmen etwa im Transportsektor an, dass sie Rücklagen für Forderungsausfälle gebildet haben. „Auch wenn es sicherlich sinnvoll ist, eine gesunde Bilanz aufzubauen, ist die Aufrechterhaltung eines großen Fonds für Forderungsausfälle nicht förderlich für das Unternehmenswachstum“, betont Langen.

Prozentsatz der ausstehenden Rechnungen und Wertberichtigungen stabil geblieben

Im Transportsektor standen 54 Prozent des Gesamtwerts der B2B-Rechnungen zum Fälligkeitsdatum noch aus. Und gut 49 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie länger als im vergangenen Jahr warten mussten, bis ihre überfälligen Rechnungen bezahlt wurden.

Positiv zu vermerken ist, dass der Prozentsatz der ausstehenden Rechnungen und Wertberichtigungen im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben ist. Dennoch könnte es insbesondere für kleinere Unternehmen schwieriger werden, mit dieser geringeren Liquidität zu arbeiten oder gar zu überleben.

Haben enormen Anstieg der mit dem Kreditmanagement verbundenen Verwaltungskosten erlebt

Der Umfrage zufolge handelt nur ein relativ geringer Teil des Transportmarktes mit der Stabilität und Sicherheit einer Warenkreditversicherung. Für 65 Prozent der befragten Unternehmen bedeutet dies, dass sie Rückstellungen für Forderungsausfälle bilden. Es überrascht daher nicht, dass die Unternehmen ohne Warenkreditversicherung angaben, sie hätten einen erheblichen Anstieg der mit dem Kreditmanagement verbundenen Verwaltungskosten erlebt.

Darüber hinaus berichteten zwei Fünftel der Unternehmen über gestiegene Kapitalkosten (Kosten im Zusammenhang mit externer Finanzierung) und erhöhte Inkassokosten. Für 2022 rechnet das Transportgewerbe, dass anhaltende Unterbrechungen der Lieferketten ein Risiko für die Branche darstellen könnten. Darüber hinaus äußerten sich viele Unternehmen besorgt über eine wahrscheinliche Zunahme von Insolvenzen, die zu Liquiditätsengpässen führen und sich sogar negativ auf die Entwicklung der Binnenwirtschaft auswirken könnten. Dennoch schätzen 72 Prozent der befragten Unternehmen ihr Wachstumspotenzial für das kommende Jahr positiv ein.

Quelle: Atradius

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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