Beitragsanpassungen als Achillesferse der PKV

Im Großen und Ganzen sind Privatversicherte mit ihrem Versicherer zufrieden, so MSR Consulting. In den vergangenen beiden Jahren haben allerdings viele Gesellschaften die Geduld ihrer Kunden auf eine harte Probe gestellt.

MSR hat zum wiederholten Mal aus einer groß angelegten Kundenbefragung mit nach eigenen Angaben mehr als 10.000 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Haushalten eine Analyse der privat Krankenversicherten ausgekoppelt.

(Beitrags-) Vorteil der PKV nicht entscheidend
74 Prozent der Befragten sehen einen großen bis sehr großen Vorteil, den ihnen die private Krankenversicherung (PKV) im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bietet. Weitere 15 Prozent sehen einen geringen und elf Prozent keinen Vorteil oder sogar einen Nachteil. Dazu passt grundsätzlich, dass auch nur 14 Prozent angeben, dass sie gerne wieder in die GKV zurückgehen möchten.
Allerdings ist der Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Vorteilhaftigkeit und den beiden Werten Gesamtzufriedenheit und Weiterempfehlungsbereitschaft keineswegs so ausgeprägt, wie es zu erwarten gewesen wäre. Selbst von den Kunden, die keinen Vorteil oder gar einen Nachteil aus der PKV erkennen, sind 80 Prozent grundsätzlich mit ihrer Versicherungsgesellschaft zufrieden und würden 69 Prozent sie wahrscheinlich oder sicher weiterempfehlen.

Möglicherweise wurde der abgefragte Vorteil der PKV gegenüber der GKV von vielen Befragten als Beitragsvorteil verstanden, der aber für sie nicht allein für die Zufriedenheit mit der Versicherung entscheidend ist. Gestützt wird diese Vermutung durch eine weitere Fragestellung, bei der neun von zehn Befragten angeben, mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis grundsätzlich zufrieden zu sein. Eine sehr hohe Zufriedenheit zeigen allerdings nur 35 Prozent in der Voll- und 38 Prozent in der Zusatzversicherung.

Höhe der Beitragsanpassung entscheidend
Eine wichtige Rolle spielt vor allem für Vollversicherte die längerfristige Entwicklung der Beiträge. Hier sind immerhin 34 Prozent der Befragten weniger zufrieden oder sogar unzufrieden, deutlich mehr als umgekehrt hoch zufrieden sind. Hier macht sich im Langfristvergleich vor allem das Jahr 2011 negativ bemerkbar, in dem es bei vielen Versicherern größere Beitragsanpassungen gab und die Zufriedenheit mit der Beitragsentwicklung empfindlich zurückging. Ein leichter Anstieg in diesem Jahr reicht nicht aus, auf das Zufriedenheitsniveau früherer Jahre vor 2011 zurückzukehren.

Einmal mehr zeigt sich, dass auch die Anzahl sowie die absolute Höhe der Beitragsanpassungen eine wichtige Rolle spielen. Der Anteil derjenigen, die mit der Beitragsentwicklung weniger bis unzufrieden sind, springt bei einer einmaligen und als gering empfundenen Anpassung in den letzten drei Jahren von drei auf zwölf Prozent. Hat der Versicherer eine einzelne, aber hohe Anpassung vorgenommen, sind es bereits 43 Prozent Unzufriedene.

Wenn der Versicherer stattdessen mehrmals anpasst, kommt es entscheidend auf die Höhe an. Mehrere kleine Anpassungen erhöhen den Anteil der Unzufriedenen von zwölf auf 26 Prozent, was aber immer noch weit weniger ist als im Fall einer einmaligen, aber hohen Anpassung. Ernsthaft in Gefahr gerät aber der Bestand, wenn der Versicherer mehrere hohe Anpassungen durchführt, dann sind 82 Prozent der Betroffenen unzufrieden.

Service kann negative Wirkung ausgleichen
Eine gute Nachricht hat aber MSR für die Krankenversicherer: Die negative Wirkung der Beitragsanpassungen kann durch eine gute Betreuung teilweise kompensiert werden. Schlecht betreute Krankenversicherte, die hohe Beitragsanpassungen erlebt haben, würden sich mit 24 Prozentpunkten seltener als der Durchschnitt „ganz sicher“ wieder für ihren Versicherer entscheiden. Bei guter Betreuung liegt die Wiederkaufbereitschaft dagegen fünf Prozentpunkte über dem Durchschnitt aller Befragten.
Dabei hilft es Versicherern nicht, wenn sie beitragsstabil sind, aber am Service sparen. Denn diese Kunden würden sich um 15 Prozentpunkte seltener wieder für ihren Versicherer entscheiden, genauso viel wie umgekehrt wieder ihren beitragsstabilen und servicestarken Versicherer wählen würden.

Viele Kunden vermissen eine verständliche Begründung
Allerdings gibt es einen weiteren Ansatzpunkt für Krankenversicherer, das schwierige Thema Beitragsanpassungen nicht in eine allzu hohe Unzufriedenheit umschlagen zu lassen: die Begründung. Aber gut jeder zehnte Kunde erhält nach eigenen Angaben gar keine Begründung. Weitere 28 Prozent können die Begründung nicht nachvollziehen. Dabei wachsen die Ansprüche an die Begründung mit der Höhe der Beitragsanpassung: Bei einer geringen Anpassung halten noch 71 Prozent die Begründung für verständlich, bei einer hohen Anpassung aber nur noch 38 Prozent.

Insgesamt nimmt die Verständlichkeit der Begründungen ab. Ein kräftiger Rückgang von 2010 zu 2011 erklärt sich aus den überproportionalen Beitragsanpassungen. Aber 2012 ist der Gesamtanteil derjenigen noch einmal gesunken, die verstehen, warum ihr Krankenversicherer den Beitrag anhebt. Möglicherweise macht sich hier bereits bemerkbar, dass die GKV derzeit in der öffentlichen Wahrnehmung im Geld zu schwimmen scheint und über Rückzahlungen diskutiert wird.

Bild: © Gerd Altmann /

Autor(en): Matthias Beenken

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