Betriebliche Altersversorgung vor der Reform

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Gleich drei Staatssekretäre adelten die diesjährigen, bereits 17. Handelsblatt-Jahrestagung zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) gestern in Berlin mit ihren Vorträgen. Ein Symbol dafür, wie dringend nötig eine Reform der bAV ist?

Sowohl Yasmin Fahimi, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, als auch Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) unterstrichen, dass es ohne eine flächendeckende bAV für künftige Rentner keine auskömmliche Rente geben könnte. Damit nicht nur Arbeitnehmer in großen, tarifgebundenen Unternehmen in den Genuss einer bAV kommen, sondern auch die kleinerer Betriebe oft ohne Tarifvertrag sowie Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen, sind einschneidende Reformen nötig.

Steuerliche Förderung vereinfachen
„Seit 2005 stagniert die bAV“, legte Michael Meister den Finger in die Wunde. Selbst großzügige steuerliche Förderungen führen nicht aus dieser Sackgasse. Daher plädierte er dafür Arbeitnehmer mit geringen Einkommen bis zu einer bestimmten Höhe durch Zuwendungen zu belohnen, wenn sie einen Teil ihres Geldes in die bAV einzahlen.

Gleichzeitig forderte er eine Vereinfachung der steuerlichen Förderung, die im Moment für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichfalls oft unverständlich ist. Hier sei Vereinheitlichung dringend nötig. Es müsse durchgerechnet werden, bis zu welcher Grenze und in welcher Höhe einheitliche Fördermaßnahmen vertretbar seien. Damit ging er auf das lange erwartete Gutachten von Professor Dirk Kiesewetter von der Uni Würzburg zur „Optimierung der steuerlichen und sozialver-sicherungsrechtlichen Förderung der bAV“ ein, das allerdings immer noch nicht veröffentlicht ist. Insgesamt müsse es einen Anreiz auch für Niedrigverdiener geben privat vorzusorgen – und sich nicht auf die Grundsicherung zu verlassen.

Zahler besser stellen als Nicht-Zahler
Diesen Aspekt hob auch Karl-Josef Laumann hervor. Wer jahrelang gesetzlich und privat in die Rente eingezahlt habe, dürfe nach einem langen Arbeitsleben nicht mit Nicht-Einzahlern auf eine Stufe gestellt werden und abhängig sein vom Staat. Er dürfe auch nicht der Bedürftigkeitsprüfung ausgesetzt werden. Daher sei es wichtig, dass die geplante solidarische Lebensleistungsrente niedrige Renten von Menschen mit langer Erwerbsbiografie aufwerte.

Dass es in der bAV kein Obligatorium gibt, hält er für fragwürdig. Dadurch werden genau die 30 Prozent der Arbeitnehmer nicht erreicht, die es am nötigsten hätten. Da die bAV in ihrer jetzigen Struktur viel zu komplex sei, beim Ausbau der drei Säulen der Altersversorgung aufgrund der kollektiven Absicherung von Risiken aber klar in Front liege, hält er ein Standardprodukt für sinnvoll, das allerdings keine Tarifrente sein dürfe. „Sonst werden wieder die Geringverdiener außen vorgelassen, die häufig in nicht tarifgebundenen Firmen arbeiten“, mahnte er.

Keine verpflichtende bAV
Für das Sozialpartnermodell ihres Ministeriums warb Yasmin Fahimi. Laut eines Gutachtens von Professor Peter Hanau von der Uni Köln und Dr. Marco Arteaga zur Weiterentwicklung des „Sozialpartnermodells Betriebsrente" hätten Verträge, die zwischen den Sozialpartner zur Betriebsrente geschlossen werden, eine stärkere Bindungskraft als Einzelverträge. Die Gutachter würden aber für eine Modellvielfalt plädieren, die vorhandene Modelle nicht grundsätzlich in Frage stelle. „Alles ist denkbar“, so Fahimi.

Wenn neue Arten von Betriebsrenten dazukommen, sei allerdings die Rolle des Pensionssicherungsfonds zu überdenken. Eine streng verpflichtenden bAV sei „nicht erste Karte“ ihres Ministeriums, sondern ein Opting-out-Modell, bei dem Mitarbeiter zunächst automatisch im bAV-System sind, es sei denn, sie entscheiden sich bewusst dagegen. Auch sie sprach sich darüber hinaus für neue Anreize und Fördersysteme aus. „Immer nur mehr Geld ins System zu pumpen, ist nicht der richtige Weg“, zeigte sie sich überzeugt. Zudem sei sie sich im Klaren, dass immer Lücken blieben, etwa was Solo-Selbstständige betrifft. Hier seien Auffang-Fonds denkbar, die aber nur ergänzende Wirkung hätten.

Bildquelle: © B. Wylezich / fotolia.com

Autor(en): Elke Pohl

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