Blockchain: Versicherer warten erst mal ab

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Die Blockchain-Technologie hat bei den Versicherern in Deutschland keine große Priorität. Eine Umfrage zeigt, dass Assekuranzmanager noch keine großen Potenziale für ihre Unternehmen sehen und auch persönlich wenig vertraut mit der Technik sind. 

Die deutsche Finanzindustrie verfolgt das Thema Blockchain interessiert, räumt der neuen Technologie aber noch keine große Priorität ein. Das zeigt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter den Führungskräften von 300 Banken, Versicherern und Vermögensverwaltern in Deutschland.

Befragte erwarten steigende Bedeutung der Technologie
Die Hälfte der Befragten messen der Technologie keine oder geringe Relevanz zu. Hier sind es eher die Bankmanager, die die Technologie für ihr Geschäftsfeld relevant finden. Am vertrautesten mit ihr sind aber Vermögensverwalter. 55 Prozent aller Befragten geben an, mit der Technologie gar nicht oder nur in geringem Maße vertraut zu sein.

Obwohl Blockchain in ihren Unternehmen noch keine Rolle spielt, geht ein gutes Drittel (34 Prozent) davon aus, dass sie in zehn Jahren die Geschäftsmodelle beeinflussen wird. Während 37 Prozent der befragten Führungskräfte perspektivisch positive wirtschaftliche Folgen erwarten, rechnet fast die Hälfte damit, dass der Einsatz von Blockchain für Kosten und Gewinn folgenlos bleibt. Im Branchenvergleich sind die Banker optimistischer. 45 Prozent erwarten künftig positive Auswirkungen auf Kosten beziehungsweise Gewinn. Bei den Befragten aus der Assekuranz und den Vermögensverwaltern sind es 32 Prozent.

"Bei der Blockchain klafft eine merkliche Lücke zwischen dem öffentlichen Hype und der Frage, wie weit die Finanzindustrie tatsächlich schon mit den Plänen für eine reale Anwendung ist", Thomas Schönfeld, Blockchain Leader Financial Services PwC Deutschland

Budget ist kaum vorhanden
Bei 68 Prozent der Unternehmen ist Blockchain nicht Teil der strategischen Planung und entsprechend gibt es bei 63 Prozent keinerlei Budget. 58 Prozent der befragten Vermögensverwalter, 61 Prozent der Assekuranz-Führungskräfte und 66 Prozent der Banker beziffern die Höhe des Blockchain-Budgets mit null Euro. Zwölf Prozent der Unternehmen investieren bis unter 10.000 Euro, sieben Prozent bis unter 50.000 Euro und jeweils zwei Prozent bis 100.000 Euro und mehr als 100.000 Euro.

Die Unternehmen sind bislang nicht nur beim Budget sondern auch bei der Manpower, die sie für das Thema Blockchain einsetzen, zurückhaltend. Bei jedem zweiten Finanzdienstleister zeichnet bislang noch überhaupt kein Mitarbeiter konkret verantwortlich. Und nur 23 Prozent haben mehr als zwei Mitarbeiter auf die neue Technologie angesetzt. Dazu passt, dass interne Blockchain-Initiativen nur in acht Prozent aller Fälle auf Ebene des Topmanagements angesiedelt sind.

Abwarten heißt die Devise
Bislang setzen nur drei Prozent der deutschen Finanzdienstleister die neue Technologie bereits ein oder wollen dies zeitnah tun. Die abwartende Haltung zeigt sich auch daran, dass bloß zwei Prozent der befragten Unternehmen das Ziel verfolgen, "die ersten im Markt zu sein, die die Blockchain-Technologie produktiv einsetzen". Immerhin 14 Prozent sagten, sie wollten zumindest "unter den ersten sein". 47 Prozent gaben an, es reiche ihnen, wenn sie die Blockchain ungefähr zur gleichen Zeit wie die wichtigsten Wettbewerber einführten. Und 27 Prozent erklärten sogar, bei ihnen werde die neue Technologie erst dann zum Einsatz kommen, wenn sie bereits eine Zeitlang im Markt erprobt sei.

Dass sich Banken, Versicherer und Vermögensverwalter erst einmal mit der Beobachterrolle begnügen, Thomas Schönfeld, Blockchain Leader Financial Services bei PwC in Deutschland "für durchaus nachvollziehbar. Schließlich kann niemand exakt vorhersagen, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird." Zugleich warnt der Experte allerdings davor, das Thema auf die lange Bank zu schieben: "Die Blockchain wird die Finanzindustrie verändern - daran kann es wenig Zweifel geben. Insofern sind die Unternehmen gefordert, allmählich die strategischen Weichen für das Blockchain-Zeitalter zu stellen." Erst wenn die Ziele für das Unternehmen definiert seien, könne über die Umsetzung entschieden werden, die dann ihrerseits entsprechenden Vorlauf benötige. "Wer in fünf Jahren mit dabei sein möchte, muss folglich jetzt beginnen, seine Ziele zu bestimmen", so Schönfeld.

Alternativen zur Blockchain
Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass einige Finanzdienstleister auch auf alternative Techniken setzen, die auch ohne Blockchain eine dezentrale und zumindest teilautonome Lagerung von Daten versprechen. Auf Sicht von zwei Jahren trauen elf Prozent der befragten Unternehmen diesen Technologien einen markanten Einfluss auf ihre Geschäftsmodelle zu. Bei einem Fünf-Jahres-Horizont sind es 17 Prozent und bis 2028 sogar 24 Prozent. "Man darf gespannt sein zu sehen, inwieweit sich solche Modelle -  die den Anspruch haben, Vorteile der Blockchain mit besserer Effizienz zu vereinen - tatsächlich am Markt durchsetzen können", so Schönfeld.

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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