Bundesbürger wollen weniger staatlichen Einfluss im Gesundheitswesen

Die Bundesbürger fürchten vor allem weiter steigende Beiträge bei sinkenden Leistungen in der Krankenversicherung. Das ist eine der Kernaussagen der jährlichen Studie, die von der Continentale Krankenversicherung inzwischen zum neunten Mal als Stimmungsbarometer zum Gesundheitswesen in Deutschland durchgeführt wurde. Die aktuelle Ausgabe der Erhebung war deshalb am Dienstag Thema beim PKV-Forum in Köln.

„Die jüngste Gesundheits-Reform war verfehlt“, sagte Rolf Bauer, Vorstandsvorsitzender im Versicherungsverbund Die Continentale zum Auftakt des PKV-Forums seines Unternehmens. Der Versicherungsmanager brachte damit auf den Punkt, was knapp 1.300 Bundesbürger als Teilnehmer an der jüngsten Studien-Ausgabe zu ihren Befindlichkeiten in Bezug auf das deutsche Gesundheitswesen aussagten.

Auf die Frage, wie stark der Einfluss des Staates auf das Gesundheitswesen sein solle, gaben 52 Prozent der Teilnehmer deutlich zu verstehen, dass der Staat weniger eingreifen solle. Als Befürworter von mehr Staatlichkeit in diesem Bereich fanden sich lediglich 27 Prozent der Befragten. Und 16 Prozent halten den Umfang der Einflussnahme des Staats für richtig.

Skepsis gegenüber Gesundheitsreform
Die beiden wichtigsten Bausteine der jüngsten Gesundheitsreform – das sind der Einheitsbeitrag für alle gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sowie der Gesundheitsfonds – stehen die betroffenen gesetzlich Versicherten „äußerst skeptisch“ gegenüber. 61 Prozent der Befragten sagten sogar, dass sie heute mehr bezahlen und höhere Krankenkassenbeiträge verkraften müssen.

Neben dem Verdruss bezüglich des staatlichen Eingreifens im Gesundheitswesen gibt es auch keine Mehrheit für ein für alle einheitliches, vom Staat geregeltes Gesundheitswesen. Nur 43 Prozent der Befragten sehen das positiv. Dagegen fordern 30 Prozent mehr Raum für Eigenverantwortung, während 22 Prozent den Status Quo für angemessen halten.

Mehr Eigenverantwortung gefragt
Um mehr Eigenverantwortung in punkto Krankenversicherung ging es auch in einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Forums, an der sich Experten aus Wissenschaft, Versicherungswirtschaft, Politik und Meinungsforschern beteiligten. Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hatte mit seinem Einführungsvortrag zu „Solidarität und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft“ die Stichworte gegeben, die dann von den Teilnehmern der Runde aufgenommen wurden.

Demnach sollte man im deutschen Gesundheitssystem den Begriff Solidarität an Werten wie Fairness und das Verständnis für Eigenverantwortung mit dem Willen zur Eigenleistung messen. Freiheit und Chancengleichheit seien außerdem unverzichtbare Komponenten, die zu einem funktionierenden Sozialsystem beitragen könnten. Für eine angemessene und heilsame Gesundheitspolitik gehöre neben den Begriffen Solidarität und Gerechtigkeit auch die Freiheit untrennbar dazu. Vor allem aber fehle es an Visionen. „Verstärkter staatlicher Einfluss, wie wir ihn jüngst unter anderem mit Gesundheitsfonds und Einheitsbeitrag erleben, wird nicht nur positiv aufgenommen und führt auch nicht zu mehr Vertrauen der Deutschen in die Zukunft“, resümierte Continentale-Chef Bauer.

Erfolgreich mit Zusatzversicherungen
Mit der jüngsten Gesundheitsreform geriet die Existenzberechtigung der privaten Krankenversicherung (PKV) zunehmend unter Beschuss. Hier lieferten die Teilnehmer einer zweiten Diskussionsrunde jedoch treffende Argumente für ein notwendiges Nebeneinander beider Versicherungsformen. „Erfolgreich mit Zusatzversicherungen – auch in Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Krankenversicherung“ lautete ihr Credo.

Hintergrund
Das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest hatte in Zusammenarbeit mit der Continentale wie schon in den vergangenen Jahren die Studie umgesetzt, an der 1.122 gesetzlich Krankenversicherte und 140 Bundesbürger, die privat versichert sind, teilnahmen.

Autor(en): Ellen Bocquel

Alle Branche News