Compliance hat bei vielen Unternehmen nicht die oberste Priorität

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In einigen großen deutschen Unternehmen wird das Thema Compliance noch nicht ausreichend professionell verarbeitet. Mit ihrer erstmals aufgelegten branchenübergreifenden Studie "CMS Compliance-Barometer" hat die Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland zwar festgestellt, dass das Thema Compliance mittlerweile immer fester in Unternehmen verankert ist; dennoch besteht weiterhin Verbesserungsbedarf, so der Tenor der Untersuchung.

Nahezu die Hälfte der großen Unternehmen hat in den vergangenen Jahren die personellen und finanziellen Compliance-Ressourcen erhöht, so die Studienersteller. Dennoch fühlten sich nur 42 Prozent der Befragten gut ausgestattet. Vielfach kämen die Compliance-Verantwortlichen aus verschiedenen Unternehmensbereichen: Meistens sind diese in der Rechtsabteilung, dem Controlling, dem Risikomanagement oder der Revision angesiedelt. In der Mehrheit der Unternehmen sind ein bis vier Mitarbeiter mit Compliance-Aufgaben betraut.

Bestehende Abteilungen nicht optimal miteinander verzahnt
Dabei sei für viele Mitarbeiter Compliance nach wie vor nicht die Hauptaufgabe: Nicht einmal ein Drittel der befragten Unternehmen habe eine eigenständige Compliance-Abteilung eingerichtet. In fast einem Drittel der Unternehmen übten Mitarbeiter aus Vertrieb und Einkauf sogar selbst Compliance-Funktionen aus.
"Hier können Haftungsrisiken drohen, wenn operatives Risikogeschäft und Compliance-Verantwortlichkeiten nicht klar getrennt voneinander gemanagt werden", erläutert Dr. Tobias Teicke, Compliance-Experte von CMS.
Ein Defizit zeigten viele Unternehmen bei der Ausnutzung bereits bestehender Ressourcen: In etwa jedem zweiten Unternehmen würden bestehende Abteilungen nicht optimal miteinander verzahnt. Weit verbreitet sei dagegen die Praxis, extern fachliche Unterstützung einzuholen – je nach Compliance-Thema läge die Beratungsquote bei bis zu 80 Prozent.

Spielen eher untergeordnete Rolle

Überraschend sei, dass nach Einschätzung vieler mittelständischer Unternehmen (500 bis 999 Mitarbeiter) kartellrechtliche Fragen und Korruption als Compliance-Themen eine eher untergeordnete Rolle spielen, wohingegen der Datenschutz hier als größtes Compliance-Risiko gesehen werde. In Großkonzernen würden hingegen Korruptions- und Kartellverstöße und die damit verbundenen hohen Bußgelder als größte Risiken eingeschätzt. "Dies spiegelt die bei gerade mittelständischen Unternehmen immer noch weit verbreitete Auffassung wider, Korruption käme dort nicht vor", so Florian Block, Compliance-Experte von CMS.

Der Druck auf die Unternehmen steige: Als größtes künftiges Problem würden bei den Studienteilnehmern ein stetig verschärfter Haftungsmaßstab aufgrund der zunehmenden Regulierung der Gesetzgeber und strengeren Praxis von Behörden und Rechtsprechung gelten. Allerdings übten nicht nur staatliche Stellen Druck aus: Die Hälfte der Unternehmen hielten es für wichtig, gegenüber Geschäftspartnern ein eigenes Compliance-System nachweisen zu können.

Viele verfügen über ein Standardrepertoire an Compliance-Instrumenten
In vielen Unternehmen sei mittlerweile angekommen, dass der eigenen Compliance-Kultur entscheidende Bedeutung zukommt. Dementsprechend sähen es fast drei Viertel der Befragten als größte interne Herausforderung an, bei Mitarbeitern wie bei der Unternehmensleitung ein echtes Bewusstsein und eine Akzeptanz für die Thematik zu etablieren. Dem Management bescheinigen 88 Prozent, den Mitarbeitern dagegen nur ein Drittel der Befragten ein hohes Compliance-Bewusstsein. Während fast alle Unternehmen (94 Prozent) mittlerweile über ein Standardrepertoire an Compliance-Instrumenten verfügten, so existiere doch nur bei der Hälfte der Befragten einer der wichtigsten Compliance-Bausteine: Ein Schulungsprogramm zur Vermittlung von Verhaltensanforderungen.

Hintergrundinformationen

Für die Studie sind Compliance-Verantwortliche aus 175 großen Unternehmen (mindestens 500 Mitarbeiter) anonym und repräsentativ vom renommierten Marktforschungsinstitut Ipsos befragt worden.
Die Studie soll künftig jährlich erhoben und eine Entwicklung der Jahresergebnisse vergleichbar machen.

In der April-Ausgabe von war der GDV-Verhaltenskodex auch ein wichtiges Thema. Unter der Überschrift "Ärger im Namen der Ehre" skizziert die freie Journalistin Elke Pohl, was derartige Kodizes bewriken wollen, was sie wirklich bringen und ob Makler dafür ein offenes Ohr haben.

Ein kurzer Blick in den Beitrag:

"Der GDV-Verhaltenskodex sorgt weiter für Unruhe unter den freien Vermittlern. Für die meisten gehört es zum Selbstverständnis, den Beruf seriös auszuüben und Kunden bedarfsgerecht zu beraten. Umso größer das Unverständnis, dass sie sich einem Ehrenkodex unterwerfen sollen, der ihre Unabhängigkeit in Frage stellt.

... Der GDV hatte seinen verschärften Ehrenkodex für den Vertrieb im November 2012 ohne Absprache mit den Vermittlerverbänden erarbeitet und veröffentlicht, die sich zu Recht übergangen fühlten. Aber nicht nur die Art und Weise, wie man den Verbänden das Papier unter die Nase gehalten hatte, rief Ärger hervor.

... Wie Versicherer den Kodex in ihrer Zusammenarbeit mit Maklern anwenden können, hat die Allianz vorgemacht. Sie hatte zu Jahresbeginn 2014 an zahlreiche Vertriebspartner geschrieben und ihnen einen Nachtrag zur Courtagezusage – „Umsetzung des Verhaltenskodexes für den Vertrieb von Versicherungsprodukten“ – zugesandt. Dort berief man sich auf den Basiskodex für Versicherungsvermittler und teilte mit, dass dieser ab sofort Geschäftsgrundlage in der Zusammenarbeit mit Maklern sei.

Textquellen: Wirtschaftskanzlei CMS Deutschlandund, Versicherungsmagazin; Bildquelle: © mk / fotolia

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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