Corona-Studie: Dramatischer Einbruch des Geschäfts erwartet

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Nach Einschätzung von Marktbeobachtern wird die Corona-Krise die Versicherungswirtschaft hart treffen. Die Managementberatung EY Innovalue rechnet schon 2020 mit einem massiven Einbruch des Neugeschäfts.

Das Neugeschäft in der betrieblichen Altersversorgung ist aktuell "teilweise komplett eingestellt", stellen die Marktbeobachter in einer Studie fest und rechnen damit, dass das Minus bis zu 42 Prozent betragen könnte. Stark betroffen ist auch die private Altersvorsorge sowie die private Krankenversicherung (siehe Tabelle unten). Relativ glimpflich sind die Einbrüche im privaten Versicherungsgeschäft. Hier rechnen die Studienmacher sogar damit, dass biometrischer Schutz, also die Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, wachsen könnte. Die Corona-Pandemie führe in der Bevölkerung auch zu einem höheren Risikobewusstsein.

Vermittlerschwund beschleunigt sich

Auf der anderen Seite würden die nach wie vor relevanten Kontakt- und Mobilitätsbeschränkungen einen deutlich negativen Einfluss auf den Vertrieb ausüben. "Darüber hinaus sorgt die Verunsicherung der Privat- aber auch der Firmenkunden für Zurückhaltung beim Neugeschäft und Abrieb im Bestand", sagt Julia Palte, Partner bei EY Innovalue. Die schweren wirtschaftlichen Verwerfungen, die sowohl Privat- als auch Firmenkunden treffen und die Finanzkrise übertreffen werden, führen auch zu einem beschleunigten Vermittlerschwund.

"Bis 2025 könnten 23 Prozent der Versicherungsmakler, insbesondere Einzelmakler und 34 Prozent der gebundenen Vermittler aus dem Markt ausscheiden", heißt es in der Studie, falls das schlechteste Szenario eintritt. Zwar wäre die Ausschließlichkeit auch künftig für Komposit und Kranken der wichtigste Vertriebsweg, doch der Druck auf diese Vertriebsart würde stark zunehmen. Grund ist, dass die Kunden immer mehr Produkttransparenz einfordern und Angebote stärker vergleichen. Auch dieser Trend werde durch die Pandemie gefördert. Daher rechnen die Analysten damit, dass mehr Vermittler den Status wechseln und Versicherungsmakler werden. Insgesamt könnten somit Versicherungsmakler an Bedeutung gewinnen.

Vorteil für Direktvertrieb

Gleichzeitig dürfte aber der Direktvertrieb durch COVID-19 einen Schub erhalten Mobilitätsbeschränkungen führen zu mehr Online-Aktivitäten. Daher rechnet EY Innovalue damit, dass in allen Sparten der Direktvertrieb durch hohe Investitionen in Digitalisierung und mehr Kundennachfrage nach direkten Abschlussmöglichkeiten gewinnen wird.

Der Bankenvertrieb dürfte nach Einschätzung der Marktbeobachter aber stark in Mitleidenschaft gezogen werden, weil der persönliche Kundenkontakt am Schalter derzeit stark eingeschränkt ist und mittel- und langfristig die Ausdünnung von Filialnetzen den Vertrieb über Geldhäuser immer schwieriger macht.

Geschäftsmodelle überarbeiten

Expertin Palte: "Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen", Gewinner wären die Unternehmen, die in der Lage sind, sich schnell umzustellen und aus Herausforderungen Chancen zu machen. Geschäftsmodelle müssten im Kontext von COVID 19 beleuchtet und überarbeitet werden. Das gelte vor allem für Digitalisierungsstrategien. Wichtiger werden auch digitale Schnittstellen zwischen Versicherer, Vermittler und Kunden. Zudem sollten die Unternehmen neu ausloten, welche Kollaborations- und Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Marktteilnehmern bestehen.

Die Durststrecke durch die Pandemie wird nach Einschätzung der Analysten auch für die Versicherer lang sein. Sofern es in 2021 nicht zu weiteren einschneidenden Shutdowns kommt, wird erst ab 2025 damit gerechnet, dass das bisherige Geschäftsniveau wieder erreicht oder sogar überschritten werden kann. Wie es im besonders betroffenen Markt der betrieblichen Altersversorgung aktuell weitergehen kann, zeigt ein umfangreicher Beitrag im Septemberheft von Versicherungsmagazin. Tenor: Extremer Digitalisierungsdruck. 

Prognose EY 2020

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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