DAV-Jahrestagung: Niedrigzinsphase - nicht nur eine Momentaufnahme

Welche Auswirkungen die momentane Niedrigzinsphase auf die einzelnen Versicherungssparten hat, war ein wichtiges Thema bei der Jahrestagung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) in Berlin. Ein Fazit der Veranstaltung: Auch in Zukunft wird es nur noch moderat steigende Zinsen geben, eine Rückkehr zu den alten Hochzins-Zeiten ist ausgeschlossen. Eine Entwicklung, die sich auf die einzelnen Sparten recht unterschiedlich auswirken wird, aber sie wird sich auswirken.

Ob ein Ende der gegenwärtigen Niedrigzinsphase abzusehen ist, was für ein nahes Ende, was dagegen spricht, machte Dr. Jürgen Callies, Leiter Research der MEAG (Vermögensverwalter von Munich Re und Ergo), den rund 1.000 Besuchern der DAV-Tagung deutlich. Er lieferte in seiner Betrachtung des aktuellen Kapitalmarktumfeldes zahlreiche Gründe, weswegen der Zinsabwärtstrend auch in (naher) Zukunft, das heißt in den kommenden 20 Jahren, anhalten wird. Dazu gehören seines Erachtens die Stärkung der Schwellenländer und des Dienstleistungssektors, die Tatsache, dass die demografischen Probleme verstärkt zu wirken beginnen, stagnierende Wachstumsraten in den europäischen Ländern sowie der Wettbewerbsdruck, der die Lohnstückkosten weiterhin nur moderat steigen lässt.

Nur moderate Zinssteigerungen erwartet
Konkret geht der Research-Experte zwar nicht davon aus, dass sich der Zinsabwärtstrend der vergangenen 30 Jahre wie bislang fortsetzen kann, da einige der Triebfedern hierfür - wie die Stärke und Glaubwürdigkeit der Notenbanken und der US-Geldpolitik - nicht mehr bestünden. Gleichzeitig glaubt er aber, dass der Zinskorridor für zehnjährige Bundrenditen sich von zwei bis maximal 5,5 Prozent bewegen wird. In den USA von zwei bis sieben Prozent bei den zehnjährigen Treasuries. Doch aufgrund ungelöster struktureller Probleme glaubt Callies nicht, dass die oberen Bandbreiten in den nächsten ein bis zwei Jahren erreicht werden. Callies wörtlich: "Wir rechnen nur mit moderaten Zinsanstiegen ausgehend vom aktuellen Niveau." Damit die Versicherungsbranche diese Zinsproblematik gut überstehen kann, erachtet er auch für die Zukunft eine Diversifikation der Anlagen für unabdingbar, bleibt für ihn eine durchdachte Mischung und Streuung essentiell. Gleichzeitig ist er aber auch sicher: Die sichere Assetklasse gibt es nicht (mehr).

Kapitalgedeckte Altersvorsorge ist wertschöpfend, Schrottimmobilien nicht
Nicht ganz so pessimistisch sieht die DAV die Zinssituation, sie glaubt langfristig eher an steigende denn fallende Zinsen. Auch Dr. Helmut Aden, unter anderem Vorstandsmitglied der BVV Versorgungskasse und dem BVV Pensionsfonds, will die Zukunft nicht so schwarz sehen. In einer Podiumsdiskussion, die sich ebenfalls mit dem Niedrigzinsniveau und seinen Folgen beschäftigte, kritisierte er, dass sich die künstlich niedrigen Zinsen komplett gegen die Altersvorsorgeprodukte richteten und folglich eine künftige Steigerung des Zinsniveaus auf vier Prozent notwendig und so auch damit zu rechnen sei. Aden konkret: "Durch die Absenkung des Rechnungszinses verlieren die bAV-Produkte an Attraktivität, aber trotzdem bleibt auch dann die Gesamtleistung im Wesentlichen unverändert." Für ihn ist die kapitalgedeckte Altersversorgung ein wichtiger Faktor bei der Wertschöpfung, momentan noch präferierte Staatsanleihen und die Verbriefung von Schrottimmobilien seien dies dagegen nicht.

Muss Protektor eingreifen?
Folgen der Niedrigzinsphase, die ebenfalls in dieser Expertenrunde, unter anderem noch mit Dr. Michael Renz, Vorsitzender des DAV-Vorstandes, Rainer Fürhaupter, DAV-Ausschuss Schadenversicherung sowie Roland Weber, DAV-Ausschuss Krankenversicherung, diskutiert wurden, waren die möglichen Konsolidierungen in der Versicherungsbranche, sei es durch Fusionen oder Kooperationen einiger Versicherer. Einige der Diskutanten gingen sogar soweit, dass sie mutmaßten, dass Unternehmen, die auf Inflation und steigende Zinsen setzten, beträchtliche Probleme in einem kontinuierlich niedrigen Zinsumfeld bekommen könnten. Aber dies sei ja kein Problem, dank der Existenz von Protektor. Will heißen: Bleibt die Zinssituation angespannt, schließen einige Branchenkenner ein oder mehrere Fälle für Protektor nicht mehr aus.

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Autor(en): Meris Neininger

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