Der Alleskönner Bestandsversicherer?

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„Die Lage ist ruhig, aber nicht entspannt.“ So lautet die knappe, aber markante Einschätzung von Christian Thimann, CEO von Athora Deutschland, zu der aktuellen Situation der Lebensversicherer und Pensionskassen in Deutschland. Dieses Statement gab er auf der Fitch Versicherungs-Roadshow 2019 in Frankfurt am Main.

80 Lebensversicherer und 130 Pensionskassen gibt es aktuell in Deutschland. Ein Großteil dieser Unternehmen haben in der jüngsten Vergangenheit viel getan, um sich den diversen nationalen und internationalen Anforderungen zu stellen: So haben sie zum Beispiel ihre Produkte modifiziert (Abkehr von Garantieprodukten), die IT umgestellt und die Kosten gesenkt.

Soll große Sprünge bei der ZZR-Bildung verhindern

Oder sie setzen auf die „Korridormethode“, eine neue Formel für die Zinszusatzreserve (ZZR). Diese wurde von der Deutschen Aktuarvereinigung und der Finanzaufsicht Bafin entwickelt und soll "große Sprünge bei der ZZR-Bildung verhindern und ihre Finanzierung weitestgehend aus den laufenden Erträgen ermöglichen und nicht, wie aktuell von den Unternehmen praktiziert, durch die Auflösung von Bewertungsreserven der Kapitalanlagen.", so Einschätzung der Assekurata Rating-Agentur. Der Referenzzins ist hierfür die Ausgangsbasis.

 "All diese Maßnahmen haben die Lage der Lebensversicherer beruhig"“, doch trotzdem sind bei vielen die laufenden Erträge gesunken, ihre stillen Reserven  geschrumpft, schwächelt ihre Risikotragfähigkeit. Ausgestiegen aus dem klassischen Lebensversicherungsgeschäft, möchten sie gerne in neue Geschäftsfelder investieren, doch fehlen ihnen oft die finanziellen Mittel dazu - glaubt Thimann.

Und von den 130 Pensionskassen stehen allein 41 unter der Beobachtung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Viele von ihnen hätten eine Finanzspritze dringend notwendig, um ihre Lage zu stabilisieren. Dafür hoffen sie auch auf endlich steigende Zinsen. Entsprechende Ankündigungen der EZB gab es ja bereits.

Schreibt kein neues Geschäft, sondern verwaltet nur existierendes Geschäft

Genau hier könnten so genannte Bestandsversicherer helfen. Dies ist nach Ansicht von Thimann auch die richtige Übersetzung für ein "Run-Off". Ein Begriff, der seines Erachtens nicht neutral ist und ein falsches Bild erzeugt und zwar das einer Plattform. Doch bei dieser Art der Übertragung, des Bestandsauf(ver)kaufes würde ein Bestand nicht von einem Versicherer auf eine Plattform übertragen werden, sondern von einem Versicherer zu einem anderen Versicherer, eben einem Bestandsversicherer. Ein derartiger Versicherer schreibt kein neues Geschäft, sondern verwaltet nur noch existierendes Geschäft.

Ein solcher Bestandsversicherer ist auch die Athora Deutschland Gruppe aus Wiesbaden. Und Christian Thimann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Athora Deutschland Holding und für die gesamten Geschäftsaktivitäten von Athora in Deutschland verantwortlich. Athora ist der neue Name für Athene und Aegon Ireland in Deutschland. Athora sieht sich selbst als "Spezialist für das effiziente Management von Versicherungsbeständen sowie für maßgeschneiderte Rückversicherungslösungen".

Auch im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld attraktive Lösungen für Versicherer

Die neue Gruppe bietet Bestandsübernahmen und Rückversicherungslösungen im Bereich der deutschen Lebensversicherung an. Das Unternehmen gibt an, dass es "aufgrund einer speziellen Expertise im Asset Management und der kosteneffizienten Verwaltung" auch im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld attraktive Lösungen für Versicherungsunternehmen und Kunden anbieten könne. Den Versicherern will sie somit ermöglichen, Kapital und Managementkapazität für andere Kernkompetenzen sowie für neue Produkte einzusetzen. Eine ganz wichtige Aufgabe eines Bestandsversicherers und auch die von Athora ist die Abdeckung des Marktrisikos. Dieses beläuft sich bei den meisten Versicherern auf stolze 60 bis 70 Prozent.

Zurzeit werden von der Athora Gruppe In Deutschland die Lebensversicherungen von rund 200.000 Kunden verwaltet. Das Kapitalanlagevolumen belief sich am 31 Dezember 2017 auf rund fünf Milliarden Euro.  

Thimann fasst das Angebot seines Hauses so zusammen: "Wir liefern neue Lösungsansätze für Lebensversicherer und Pensionskassen. Und wir wollen eine Alternative zu Rückversicherern bieten." Es wird sich zeigen, ob der Bestandsversicherer mit seinem neuen Konzept ins Schwarze getroffen hat, sein Angebot Interessenten findet und diese sich dann wieder auf lukratives Geschäft konzentrieren können.

Autor(en): Meris Neininger

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