Der schleichende Niedergang der klassischen Lebensversicherung

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Nicht nur, dass die laufende Verzinsung 2016 "einen neuerlichen historischen Tiefststand" (so Dr. Reiner Will, Geschäftsführer der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH auf einer Pressekonferenz am 28. Januar 2016 in Köln) erreicht hat, auch die zunehmenden Belastungen durch die Zinszusatzreserven, um alte Garantieversprechen zu erfüllen, führen dazu, dass die klassischen Lebensversicherung - das frühere Brot- und Butter-Geschäft der Branche - immer mehr an Bedeutung und Marktanteilen verliert.

"Wie von nahezu allen Marktteilnehmern erwartet, hat die laufende Verzinsung 2016 einen neuerlichen historischen Tiefststand erreicht", erläuterte Will. In der privaten Rentenversicherung, der im Neugeschäft bedeutendsten Versicherungsart, werde im Durchschnitt eine laufende Verzinsung in Höhe von 2,86 Prozent gewährt. Gegenüber 2015 (3,16 %) ging die Deklaration somit um 0,30 Prozentpunkte (Vorjahr: 24 Prozentpunkte) zurück. Assekurata stellte zum 14. Mal in Folge ihre jährliche Analyse zur Gewinnbeteiligung deutscher Lebensversicherer vor.

Laufende Verzinsung sinkt auf breiter Front
Der Trend ist eindeutig: Die Absenkungen erfolgen bei den Lebensversicherern flächendeckend. Bei 55 von insgesamt 59 betrachteten Versicherungsgesellschaften geht die laufende Verzinsung im Neugeschäft gegenüber dem Vorjahr herunter. Nur vier Unternehmen nahmen keine Veränderung vor. Kein Anbieter erhöhte die Verzinsung.

Rekord: über zehn Milliarden Euro Zinszusatzreserve

Um die Garantieversprechen der alten Verträge zu erfüllen, müssen die Lebensversicherer in diesem Jahr einen Höchstwert von über zehn Milliarden Euro an Zinszusatzreserven (Vorjahr: acht Milliarden Euro) bilden. Alleine dafür müssten rund 1,2 Prozentpunkte an Kapitalanlageerträgen erwirtschaftet werden. Insgesamt betragen die Zinszusatzreserven bereits mehr als 30 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das bilanzielle Eigenkapital liegt bei circa 15 Milliarden Euro.

Immer mehr Versicherer steigen aus der Klassik aus

Kein Wunder, dass immer mehr Lebensversicherer an der klassischen Lebensversicherung die Lust verlieren. Namhafte Versicherer wie Ergo, Generali und Zurich wollen von ihr nichts mehr wissen und auch die Allianz bietet sie nur noch an, wenn sie ausdrücklich vom Kunden gewünscht werde. Als Alternativen werden neben Fondspolicen Produkte der "Neuen Klassik" und Indexpolicen verkauft. Der Unterschied zu den klassischen Produkten: Es gibt weder einen lebenslangen Garantiezins noch vollständig garantierte Rechnungsgrundlagen bei Vertragsbeginn. Diese Entwicklung sei unumkehrbar, erläutert der Assekurata-Geschäftsführer. Eine Rückkehr in die Klassik wird es nicht mehr geben.

Im Zuge der immer weiter sinkenden Deklaration setzten zunehmend mehr Gesellschaften anstelle der konventionellen klassischen Lebensversicherung mit ihren lebenslangen Garantien auf alternative Lebensversicherungsformen. "Die gemeinsame Klammer über alle Tarife bildet eine garantierte lebenslange Mindestrente", stellt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse der Assekurata, heraus. "Dieses prägende Alleinstellungsmerkmal der Lebensversicherung ist somit auch in den neuen klassischen Produkten enthalten. Viele Tarife sehen allerdings vor, bei der Berechnung der endgültigen Höhe der Rentenzahlung die künftigen, bei Rentenbeginn gültigen Rechnungsgrundlagen zu verwenden."

Die Studie "Überschussbeteiligung 2016: Die klassische Lebensversicherung zwischen Tradition und Moderne Fakten, Hintergründe und Kommentare zur Überschussbeteiligung 2016" kann bei für 459 Euro + Mehrwertsteuer käuflich erworben werden.

Bildquelle: © k-u haessler

Autor(en): Bernhard Rudolf

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