Der Vertrieb wird es schwerer haben

"Die Außenwirkung der VVG-Reform auf den Vertrieb ist größer als alle bisherigen Einflüsse der letzten Jahre", sagt Stefan Schinnenburg. Der Vertriebs-Chef der Ideal Versicherungsgruppe macht eine Rechnung auf, nach der das künftige Versicherungsvertragsgesetz dem Versicherungsaußendienst das Geschäft schwerer mache, so dass finanzielle Einbußen gar nicht ausblieben.

"Die VVG-Reform darf jedoch nicht isoliert als Ursache für alles und den sich stark wandelnden Markt betrachtet werden", betonte Schinnenburg kürzlich in seinem Vortrag bei einer Handelsblatt Konferenz in Berlin. Er führte den zahlreichen Zuhörern die Vertriebs-Problematik deutlich vor Augen, beschwichtigte aber auch: "Nicht Panikmache ist das Gebot der Stunde, sondern Lösungen und Maßnahmen zu entwickeln, um die Kollegen draußen beim Kunden zu unterstützen." Der Vertrieb werde es schwerer haben, was sich auf die gesamte Branche auswirken werde. So rechnet Stefan Schinnenburg mit dem Inkrafttreten des künftigen VVG mit deutlich weniger Neugeschäft im ersten Halbjahr 2008.

Die meisten politischen Hürden hat die Vorlage des VVGs bereits genommen. Eng damit verknüpft ist die ebenfalls geplante Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV), die aber schwerlich schon am 1. Januar 2008 greifen wird. Die Experten gehen davon aus, dass noch bis zum Sommer des nächsten Jahres eine Art Schonfrist verstreichen werde.

Unzufrieden sei man mit dem zusätzlichen Bürokratie-Monster allemal, denn darin wird unter anderem festgeschrieben, dass ein Vermittler noch vor dem Vertragsabschluss beim Kunden schriftlich Angaben in Euro und Cent zur Höhe der Abschlusskosten machen muss. Wörtlich teilt das zuständige Ministerium dazu mit: "Nach der Neuregelung sind künftig alle für den konkret angebotenen Vertrag entstehenden Kosten im einzelnen anzugeben." Wenn also die VVG-InfoV - so wie vorgesehen - kommt, wird, darüber sind sich die Vertriebsexperten einig - das Neugeschäft noch stärker einbrechen.

Stefan Schinnenburg kritisierte bei der Handelsblatt-Konferenz, veranstaltet von Euroforum, dass die Abschlusskosten beileibe nicht die Umsatzerlöse des Vertriebs und schon gar nicht als Gewinn anzusehen seien. "Die Angabe der eingerechneten Kosten sind generell ungleich bezogen auf die tatsächlichen Vergütungen." Außerdem seien Vergütungen der Höhe nach zwischen den Vertriebswegen unterschiedlich. Die konkrete Vergütung sei selbst dem Versicherer oft nicht bekannt. Schließlich könne sich die Vergütung über die Länge der Zeit beispielsweise durch die Prämien ändern. Als besonders schwierig gestalte sich die Forderung nach der Transparenz der Abschluss- und Vertriebskosten, die in § 7 Absatz 1 Satz 1 VVG geregelt werden. "Wir müssen den Vertrieben klar machen, dass es vor allem um Transparenz geht." Dazu gehöre eben auch, das die Vermittler die Kosten für ihre Arbeit beim Kunden transparent machen.

VVG und VVG-InfoV bilden nun eine Art Schlusspunkt, nachdem bereits ein ganzes Bündel von Faktoren die starken Marktveränderungen und den Neugeschäftsrückgang ausgelöst haben. Ideal-Vorstand Schinnenburg erinnerte hier an das Procedere, bis das neue Vermittlergesetz Realität geworden war; aber auch die nicht nur für den Verbraucher schwierigen Anforderungen des Alterssinkünftegesetzes, des Steueränderungsgesetzes, die neuen Auflagen in Verbindung mit der Gesundheitsreform, die MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) mit der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente sowie das Altersentlastungsgesetz. Schließlich führe auch die Diskussion über die Zillmerung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zu großen Einschnitten im Versicherungsgeschäft.

Die zahlreichen Auflagen und Pflichten der Vermittlerrichtlinie strapazieren den Vertrieb sehr stark, sagte Schinnenburg. Hierin sei auch eine der Ursachen begründet, weshalb das Neugeschäft bei beratungsintensiven Versicherungsprodukten derzeit so schleppend verlaufe.

Autor(en): Ellen Bocquel

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